Traggelenke wechseln - Tipps Teil 3

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Dani*8
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( Workshop) Traggelenke wechseln - Tipps

Beitrag von Dani*8 »

Moin,
(Könnte eventuell ein Workshop sein, ich weiß aber nicht, wie man da die Bilder zum Anklicken einbettet, sorry :confused: )

Ein paar Anmerkungen zum Dauerbrenner-Thema Traggelenke. Da ich über eine Presse und die geeigneten Aufsätze verfüge, habe ich nun schon einigen Bus-Fahrern Gelenke gewechselt. Dabei gabs öfter vermeidbare Probleme bzw. erhielt ich defekte Tragarme. Wichtig ist nicht, ob die Arme Rostnarben haben. Wichtig ist, ob die Lagerung im Achsrohr intakt ist. Und zwar nicht nur am Nadellager außen, sondern auch am Gleitlager im Inneren. Fast alle gebrauchten Arme weisen Laufspuren bzw. beginnenden Verschleiß auf. Solange auf dem Teil keine Riefen oder Vertiefungen zu fühlen sind, ist das alles noch tolerierbar. So etwa dürfen sie aussehen:
Grenzwertig: Oberfläche abgelaufen bis zur Kupferschicht. Wenn keine Stufe fühlbar ist, noch verwendbar.
Grenzwertig: Oberfläche abgelaufen bis zur Kupferschicht. Wenn keine Stufe fühlbar ist, noch verwendbar.
Sehr gut: Laufspuren nur in der Oberfläche, lässt sich durch Läppen entfernen.
Sehr gut: Laufspuren nur in der Oberfläche, lässt sich durch Läppen entfernen.
Sitz des Nadellagers in gutem Zustand.
Sitz des Nadellagers in gutem Zustand.
Leider hatte ich einige ruinierte Teile, überwiegend aus Griechenland- oder US-Bussen. In diesem Zustand ist ein Tragarm Schrott:
Zermahlener innerer Sitz. Oben ein guter Arm zum Vergleich.
Zermahlener innerer Sitz. Oben ein guter Arm zum Vergleich.
Nadellagersitz heftig eingelaufen, Nadellager im Achskörper ebenfalls Schrott.
Nadellagersitz heftig eingelaufen, Nadellager im Achskörper ebenfalls Schrott.
Also sehr Euch die Tragarme vorm Überholen bitte erstmal an den Lagerstellen genau an. Wer sich nicht sicher ist, ob der Verschleiß noch tolerierbar ist, kann mir gerne ein Foto schicken.
Teil zwei zeigt das Aus- und Einpressen.
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Dani*8
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Traggelenke wechseln - Tipps Teil 2

Beitrag von Dani*8 »

Bitte checkt, ob Eure alten Gelenke wirklich defekt sind. VW erlaubt ein Spiel von 2 Millimetern! Das ist auch mir zu viel, doch ein Millimeter Luft ist im Fahrbetrieb kaum zu merken - wackelt man bei Ausgebautem Gelenk am Zapfen, spürt man das aber schon. Im Zweifel lieber messen und die Alten weiterfahren. Denn KEIN NEUES GELENK IST AUCH NUR ANNÄHERND SO GUT UND SO LANGLEBIG WIE EIN ORIGINALTEIL. Die letzten wirklich gleichwertigen Traggelenke wurden Anfang der Neunziger produziert, seitdem gibt es nur noch Kompromisslösungen. Und New-Old-Stock-Ware ist schon lange kaum mehr aufzutreiben. Über die Qualität heutiger Gelenke gibt es ja schon so einige Threads, daher hier nur soviel: Ich verwende Teile von HEYD - sie sind derzeit die einzigen, die auf Anhieb funktionieren. Auch FEDERAL MOGUL ist gut, aber schon seit geraumer Zeit nicht zu kriegen (obwohl offiziell noch lieferbar).
Das Auspressen des alten Gelenks ist ohne Spezialwerkzeug eine heftige Geschichte. Ich rate jedem, der es selbst an der Presse versuchen möchte, das VW-Originalwerkzeug (VW 459/1) zu verwenden. Hin- und wieder taucht es auf Märkten oder in Ebay auf (manchmal aber zu astronomischen Preisen :? ) Der Tragarm liegt beim Pressen auf den zwei Stütznasen auf, der Gelenkzapfen zeigt durch das Mittelloch des Pressentischs. Als Aufsatz zum Auspressen habe ich eine Stecknuss genommen, die zufällig genau auf den Deckel der Originalgelenke passt. In der Regel gibt es bei einem Pressdruck von 12 bis 15 Tonnen einen Knall, dann kommen die Gelenke. Manchmal braucht´s aber auch über 20 Tonnen - also Obacht: Werkstück sicher ausrichten, Schutzbrille und sichere Kleidung tragen...
Vorm Auspressen die Rückseite des Gelenks etwas mit der Drahtbürste saubermachen. (Das Einweichen in Kriechöl hat bei mir noch nie wirklich Erfolg gehabt).
Selten, aber zum Auspressen Gold wert: Das VW-Originalwerkzeug 459/1 von Peiseler.
Selten, aber zum Auspressen Gold wert: Das VW-Originalwerkzeug 459/1 von Peiseler.
Turmbau auf der 30-Tonnen-Presse.
Turmbau auf der 30-Tonnen-Presse.
Bei 15 Tonnen hat´s geknallt, man sieht den "Schuss" an den Rostspuren auf der Nuss.
Bei 15 Tonnen hat´s geknallt, man sieht den "Schuss" an den Rostspuren auf der Nuss.
Den Rost im Auge kann man mit der Drahtbürste entfernen, Restrost bleibt aber immer zurück.
Den Rost im Auge kann man mit der Drahtbürste entfernen, Restrost bleibt aber immer zurück.
Neue Gelenke (l.) können nicht mehr wie früher von hinten verstemmt werden: Der Deckel ist anders geformt.
Neue Gelenke (l.) können nicht mehr wie früher von hinten verstemmt werden: Der Deckel ist anders geformt.
Im nächsten Teil gehts weiter mit dem Einbau.
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Dani*8
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Traggelenke wechseln - Tipps Teil 3

Beitrag von Dani*8 »

Natürlich kann man die Tragarme nach dem Auspressen der Gelenke nun Strahlen, Bürsten, Lackieren, Pulvern oder was auch immer. Ich empfehle Reinigen mit Flex und Drahtbürste und dann mit Brantho Kurrux nitrofest schwarz zwei Mal lackieren - doch das mag jeder selbst entscheiden. Auch, ob der innere Lagersitz geläppt werden sollte. (Vielleicht hat ja jemand einen Kumpel mit `ner Drehbank :D )
Zum Einpressen verwende ich die originale Presshülse VW 459/2. Auch hier wieder: Versucht sie aufzutreiben, sie spart heftigste Arbeit... Wiederum stützt sich der Arm auf dem Originalwerkzeug 459/1 ab. Es muss etwa ein Zentimeter Luft zwischen Presstisch und Tragarmauge sein, da die Rückseite des Gelenks am Ende einige Millimeter übersteht. Achtet man nicht darauf, zerstört man das Gelenk, weill man mit der Kraft der Presse den rückseitigen Deckel mühelos eindrückt.
Die Aussparungen am Bund des Gelenks müssen mit den Nasen am Tragarm fluchten. Beim Pressen einmal Halt machen, und zwar kurz bevor die Verzahnung ins Auge des Tragarms rutscht. Nun kann man die Gelenke, falls sie etwas schiefsitzen, noch (VORSICHTIG!) mit (GEFÜHLVOLLEN!) Schlägen an den Aussparungen in die richtige Position treiben. Der Rest ist Pressen :mrgreen: Im Schnitt braucht es eine Kraft von 2,5 bis 5 Tonnen, um die Gelenke in ihre Position zu drücken.
Die Aussparungen müssen mit den Nasen des Tragarms fluchten.
Die Aussparungen müssen mit den Nasen des Tragarms fluchten.
Kurz vorm Erreichen der Verzahnung nochmal kontrollieren, ob die Nasen richtig sitzen.
Kurz vorm Erreichen der Verzahnung nochmal kontrollieren, ob die Nasen richtig sitzen.
VORSICHTIG korrigieren.
VORSICHTIG korrigieren.
Fäddich...
Fäddich...
So, das war eiiiigentlich auch schon alles. Zugegeben: Das geht nur so einfach, wenn das richtige Werkzeug vorhanden ist...
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Re: Traggelenke wechseln - Tipps

Beitrag von ulme*326 »

Danke Daniel für diese sehr informativen 3 Beiträge zum Thema Traggelenke . :yau:
@ Moderatoren:
Wäre toll wenn diese 3 Threads zu den Workshops verschoben werden könnten.
gruss Ulme
Gruesse von der Oberschwaebischen Barockstrasse
ulme*326


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Norbert*848b
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Re: Traggelenke wechseln - Tipps

Beitrag von Norbert*848b »

ulme*326 hat geschrieben:Danke Daniel für diese sehr informativen 3 Beiträge zum Thema Traggelenke .
... auch meinen besten Dank, echt toll, bin schwer begeistert ...
ulme*326 hat geschrieben:Wäre toll wenn diese 3 Threads zu den Workshops verschoben werden könnten.
... kann mich nur dieser Meinung anschließen. Meine Bitte: ein Thread und alles hintereinander...
Freundliche Grüße aus Algermissen

Norbert
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Volvo-boy
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Re: Traggelenke wechseln - Tipps Teil 2

Beitrag von Volvo-boy »

Hallo Dani,

danke für deine Posts bezüglich Traggelenke.

Ist vielleicht jetzt ne blöde Frage:
Aber gibt es einen Tip wie man am besten das Spiel im eingebauten Zustand testet?

Einfach mit Hebeleisen Vorsichtig zwischen Achsschenkel und Tragarm hebeln und dabei schauen ob man Spiel sieht bzw. spürt.
Ein 1mm Spiel wird sich sehr wahrscheinlich rießig anfühlen...so was ist ja bestimmt schwierig ab zu schätzen.

Gibt es auch Tips bezüglich Manschetten tausch? Welche da gut sind.
Ich hab am Samstag beim abschmieren der Vorderachse gesehen das am rechten oberen Gelenk Fett raus kommt, weil Riss im Gummi.

Grüße Daniel
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Norbert*848b
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Re: Traggelenke wechseln - Tipps Teil 2

Beitrag von Norbert*848b »

Hallo Daniel,
Volvo-boy hat geschrieben:Aber gibt es einen Tipp wie man am besten das Spiel im eingebauten Zustand testet?
Ja, ich kenne aber nur den mit dem speziellen VW-Werkzeug "VW 281a".
Seite 273 im PDF-Dokument
http://www.amescador.nl/documenten/Werk ... 2_1975.pdf
Edit 10.10.2021, Mod. Norbert
Der Link …“amescador.nl/documenten/Werk ... 2_1975.pdf“
funktioniert leider seit langem nicht mehr.
Ein ebenbürtiges Nachschlagewerk findet sich in der Knappmann-Sammlung:
http://www.michaelknappmann.de/bulli/mi ... frame.html
Ich hab jetzt nicht überprüft, ob die Seitenzahlen überein passen, bitte ggf. etwas blättern.

Alternativ: http://www.thesamba.com/vw/forum/viewto ... w=previous
Das Teil mit der Nr. 3 hat dann folgendes Aussehen:
http://www.michaelknappmann.de/bulli/mi ... 2_3-1.html
Volvo-boy hat geschrieben:Gibt es auch Tips bezüglich Manschetten tausch? Welche da gut sind.
Mein letzter Stand ist, dass man gute Erfahrungen mit Teilen von Thomas Koch gesammelt hatte:
http://forum.bulli.org/forum/viewtopic.php?f=7&t=13680
https://www.tk-carparts.de/article/742/ ... elenk.html
Freundliche Grüße aus Algermissen

Norbert
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Volvo-boy
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Re: Traggelenke wechseln - Tipps Teil 2

Beitrag von Volvo-boy »

Hallo Norbert,

danke für deine Info.
Das Werkzeug sieht ja wirklich interessant aus.
Da muß ich mal schauen wie ich das mit meinen Mitteln hin bekomme.

Falls kein Spiel werde ich die Manschette bestellen.

Grüße Daniel

P.S. Letzte Woche nach der Fahrt zum Tüv (Eintragungen) auch eine Kaputte Antriebswellenmanschette (ganz kleine Loch) und ein Steinschlag in der Windschutzscheibe bekommen.... :cry:
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V136
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Re: Traggelenke wechseln - Tipps Teil 3

Beitrag von V136 »

Hallo zusammen,
ich habe gestern mal die Lagerstellen meiner kalifornischen Vorderachse gemessen.
3 der Innenbuchsen hatten 5/100 Übermaß also 43,05mm und eine hatte 43,15mm.
Seht ihr es auch so das man das noch weiter fahren kann ohne zu tauschen?
Es gibt die Buchsen ja auch nicht zu kaufen... Oder hat jemand ne Quelle?

Der RLF sagt ja was von 43,4mm...

Des weitern ist ein Tragarm auf etwa 42,8 eingelaufen. Aber Kupfer seh ich gar nicht.
Eine ganz leichte Kante ist spürbar. Wie sind hier die Meinungen?
Einbauen oder nicht?

Danke.

Gruß Markus
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Norbert*848b
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Re: Traggelenke wechseln - Tipps Teil 3

Beitrag von Norbert*848b »

Hallo Markus,
ich mach mal 'nen Anfang und hoffe auf weitere Beteiligung.
V136 hat geschrieben: 24.01.2018 09:45 3 der Innenbuchsen hatten 5/100 Übermaß also 43,05mm und eine hatte 43,15mm. ... Der RLF sagt ja was von 43,4mm...
... vielleicht helfen die Daten aus den einschlägigen RLF's auch noch ein wenig weiter:
Traghebel / Laufbüchse Spiel: 0,2 - 0,27 mm, Verschleißgrenze: 0,35 mm
Metallbüchse für Traghebel: (Einbaumaß!) 43,2 - 43,27 mm, Verschleißgrenze: 43,4 mm


Hast Du vor bzw. musst Du neue Traggelenke einbauen? Vielleicht kann man da so variieren, dass man jeweils auf ein zulässige Einbauspiel kommt, ohne gleich an die Verschleißgrenze zu stoßen.
Obere und untere Traghebel sind ja wohl untereinander tauschbar, es kommt eben nur darauf an von welcher Seite die Gelenke eingepresst sind.
Freundliche Grüße aus Algermissen

Norbert
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