Öltemperatur 2 L Motor

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UScamper
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Beitrag von UScamper »

Hallo! Mein 70 PS Einspritzer-Motor kommt bei zügiger Autobahnfahrt auf 135 Grad Öltemperatur. Außentemperatur 19Grad. Wenn ich nicht schneller als 100Km/h fahre, bleibt sie bei 120 Grad stehen. Wo ist denn die Schmerzgrenze? Wie siehts im Sommer bei 35 grad im Schatten aus? Bin dankbar über jeden Tip von euch. Hab mir den Temp.-Fühler nämlich gerade erst dran gebaut.

Gruß
Simon
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boggsermodoa
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Beitrag von boggsermodoa »

Soviele Leute man fragt, soviele Antworten bekommt man normalerweise zu diesem Thema. Da Du bislang noch keine einzige bekommen hast, mache ich mal den Anfang (und hoffe, daß von den anderen auch noch was kommt).

- Das Öl sollte - auch bei winterlichem Betrieb - immer über 100°C kommen, damit Kondenswasser ausgekocht wird. Ist dies nicht der Fall, findet man unterm Einfülldeckel bräunlichen Schleim. Im Extremfall kann der Ölstand sogar steigen.
- Unterschiede zum Wasserkühler: Beim Kühlwasser gibt es mit dem Siedepunkt eine feste Obergrenze für die zulässige Temperatur. Ein Wasserkühler wird deshalb immer eigentlich zu groß ausgelegt; ein Thermostat wirkt als permanent aktives Regelelement.
Im Ölkreislauf gibt's (im Serienzustand) keine Thermostatregelung, der Ölkühler ist "mit Augenmaß" dimensioniert, um einerseits im Normalfall sicher über die 100°C hinaus zu kommen und andererseits zu hohe Öltemperaturen zu vermeiden. Eine zu hohe Öltemperatur ist eine, bei der das Öl sich chemisch zersetzt. Mit glühenden Auslaßventilen, fressenden Kolben etc. hat das alles zunächst mal noch nichts zu tun. Die Kühlwirkung des Ölkühlers (und aller übrigen luftumströmten Oberflächen des Motors) ist abhängig von der Temperaturdifferenz der Oberflächen zur umströmenden Luft. D.h. je heißer die Kiste wird, desto mehr Energie wird sie auch an die Kühlluft los. Bei einer gegebenen Last/Drehzahl/Leistung steigt die Motor-/Öltemperatur also bis zu dem Betrag über die Temperatur der Kühlluft hinaus, bei dem sich ein Gleichgewicht einstellt.
- Maximaltemperatur: Als Obergrenze für nicht-synthetisches Öl liest man in verschiedenen Quellen Werte um die 170°C, für Synthetiköl um die 190°C. Ich weiß nicht, wie alt diese Werte sind und ob sie auch heute noch gelten. Klar ist jedoch, daß das Öl auf seiner Reise durch den Motor wesentlich wärmer wird (ca. 300°C in der Nähe der Kolbenringe) und offenbar auch diese Werte !kurzzeitig! aushält. Thermostate für externe Ölkühler öffnen deshalb bereits bei 80 - 85°C. Die Schwärzung des Öls - auch auf der Fahrradkette - ist ein Indiz für seine chemische Zersetzung. Das ist Ruß!(Zum Teil - und beim Diesel vor allem - auch aus Verbrennungsgasen, die durch's Kurbelhaus gepfiffen sind.) Diese Verbrennung entsteht jedoch nicht nur wegen hoher Bauteiltemperaturen, sondern auch wegen zu großer Flächendrücke (wie z.B. an den Zahnflanken der Fahrradritzel). Am mechanisch gesunden VW-Motor kommen solche Drücke z.B. am Ventiltrieb vor. (Die Stößelstangen z.B. haben letztlich nur eine Punktauflage zu den benachbarten Teilen, übertragen jedoch Riesenkräfte.)
Bei Verwendung eines berühmten Öls, das heute Gott-sei-Dank nicht mehr im Handel ist, und das ich deshalb nun auch nicht mehr öffentlich zu verunglimpfen brauche, hatte ich mal Ölkohle auf den den Zylinderköpfen im Kipphebelraum! Dem war's eindeutig zu viel geworden mit der Hitze.
VW hat dazu - wenn ich mich recht entsinne - mal gesagt, 120°C + Außentemperatur seien für die Luftgekühlten normal. D.h. bei 30°C Außentemperatur dürfte die Öltemperatur auf der Autobahn durchaus 150°C erreichen.
- Meßgenauigkeit und Meßpunkt: Die Genauigkeit der Temperaturmesser aus dem Zubehör läßt oft zu wünschen übrig. Zur Probe kann man den Temperaturfühler ja mal in kochendes Wasser halten und nachsehen, was das Instrument anzeigt. Ich kann bei meiner Kiste die Temperatur auf Knopfdruck um 10° senken, indem ich das Scheinwerferlicht einschalte :)(Spannungsabfall). Probiert's mal aus. Evtl. sollte ich mich da mal um meine Kabelanschlüsse kümmern.
Nach meiner Erfahrung zeigen Peilstab-Temperaturfühler höhere Werte an, als solche an der Motorunterseite.

Fazit: Anstatt sich an irgendwelche festen Werte zu klammern, scheint es mir wichtiger, mit der vorhandenen Ausrüstung ein Gefühl dafür zu entwickeln, was für dieses individuelle Auto 'normal' ist. Sobald die gemessenen Werte von den gewohnten abweichen, sollte man in's Grübeln kommen. Nach einer Weile kann man dann allein an der Öltemperatur erkennen, daß z.B. der Ölstand abgesunken ist oder sonst was im Argen liegt.

Gruß,

Clemens
UScamper
T2-Autor
Beiträge: 4
Registriert: 05.05.2004 20:59

Beitrag von UScamper »

Wow! Danke für deine ausführliche Hilfe! Dann schraub ich mir wohl erstmal keinen Ölkühler drunter und beobachte die Temeratur erstmal und fahre dementsprechend.

Gruß
Simon
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