Postfaktisches von anno dunnemal

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boggsermodoa
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Postfaktisches von anno dunnemal

Beitrag von boggsermodoa »

Das aktuelle Gurtproblemchen im Technikbereich hat mich ein bisschen zum Rumstöbern ermuntert, was dann wiederum dieses hier zutage gebracht hat:
http://www.spiegel.de/einestages/einfue ... 46925.html
Ich erinnere mich noch gut an die Zeit und an die allgegenwärtigen Diskussionen, fernab aller Vernunft. Alle hatten davor Angst, im Auto zu verbrennen oder zu versaufen, während Jahr für Jahr die Einwohnerzahl einer mittleren Kleinstadt im Straßenverkehr ums Leben kam. Gurtmesser verkauften sich wie geschnitten Brot.

Ein damals prominenter Gewichtheber, "der stärkste Mann Deutschlands" (Olympiasieger IIRC), saß auf dem Beifahrersitz in einem präparierten Ford 12m, den man seiner Windschutzscheibe samt Dachpfosten und des vorderen Teils des Daches beraubt, dafür aber mit einer stabilen, starr am Rahmen befestigten Stoßstange aus Doppel-T-Trägern versehen hatte. Die Fuhre wurde mit 11 oder 15km/h gegen einen ebenso starren Prellbock gefahren und der starke Mann dabei aus dem Fahrzeug auf bereitgelegte Strohballen geschleudert. All das flimmerte über den Fernsehbildschirm, samstags nachmittags in der Rentnerbelustigung zwischen "Blauem Bock" und "Drehscheibe". :wink:

Aktuell leben wir ja im sog. postfaktischen Zeitalter, in dem die "gefühlte Wahrheit" mehr zählt als die Faktenlage. Anstatt stets mit der Darstellung der Faktenlage dagegen anzukämpfen, was ja erfahrungsgemäß meist verschwendete Müh ist, wäre man vielleicht besser beraten, die im Artikel genannte "psychologische Klemme" zu suchen, zu identifizieren und zu benennen, in der sich die Realitätsverweigerer befinden.
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Rolf-Stephan Badura
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Re: Postfaktisches von anno dunnemal

Beitrag von Rolf-Stephan Badura »

Hallo Clemens,
Alle hatten davor Angst, im Auto zu verbrennen oder zu versaufen,
Bei uns in der Familie war das auch lange Diskussion,
weil meine Großmutter im Urlaub auf Westerland (manche sagen auch Sylt) einen schweren Unfall hatte...
3 Insassen starben, sie wurde herausgeschleudert und überlebte schwer verletzt... und ist jetzt 98.
Angeschnallt wäre sie nur halb so alt geworden...

So sahen die Autos damals neben Käfer&Co aus:
(ob es das später Unfallfahrzeug ist, weiß ich nicht mehr - sieht nach Fiat oder Alfa aus, mit filigranen Dachsäulen nix für 'nen Überschlag)
sedlaczek.hildegard.002.jpg

Postfaktisch hin oder her: es musste sich noch mehr verändern, als nur ein Gurt reinzuhängen. :wink:
Auch ich glaube in den meisten Fällen hilft & half ein Gurt... vor allem heute mit Airbags&Co in modernen Autos.

Lobend erwähnen sollte man dabei: Ralph Nader, und sein Buch "Unsafe At Any Speed" von 1965.
Und unsere Skandinavier. VW und Deutschland waren da eher spät dran...

Grüße,
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Matthias S.
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Re: Postfaktisches von anno dunnemal

Beitrag von Matthias S. »

="Rolf-Stephan Badura" VW und Deutschland waren da eher spät dran...

Grüße,
Die Käfer waren aber im Vergleich zu ihren Zeitgenossen wesentlich besser, das habe ich 1989 selbst mit einem unfreiwilligen, dreifachen Überschlag getestet und fuhr anschließend auf eigener Achse zum Schrottplatz. Er hat seine 4 Insassen auch ohne Gurte gut beschützt. Mahr dazu hier:
http://feldbahn-dossenheim.de.tl/K.ae.f ... -.--.-.htm

Bild


Doch wehe, es fährt einer dem Käfer in der Seite. Aber immer noch besser als andere. Um 1982, Frontalcrash eines Ford Consul vs. Fiat 128 kurz vor uns. Im kleineren Fahrzeug verbrannten die Insassen eingeklemmt, wir konnten nichts tun.

Grüße, Matthias
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