
"Im 'Camera' läuft 'Fritz the Cat'! Los schnell, fängt in 20 Minuten an!"
"Aber SchatziSpatziHasiMausi!" erwiedere ich, "Es ist Sonntag Nachmittag, draußen ist das schönste Wetter, der Sonnschein schien schon schön. Haben wir da wirklich nix besseres zu tun, als uns in Saarbrücken in ein muffiges Pseudointellektuellenkino zu hocken, um uns zwischen popcornmampfenden Germanistinnen und paarungswilligen Soziologiestudenten einen versauten Zeichentrickfilm anzuschauen?" Aber es ist natürlich zwecklos, und so rollen wir schon wenig später mit unserem Schlachtschiff von der Stadtautobahn runter, über die Wilhelm-Heinrich-Brücke und suchen einen Parkplatz. Gleich am Finanzamt werde ich fündig. Am Wochenende dürfen dort auch Normalsterbliche parken und es ist mir immer ein besonderes Vergnügen, den Geldeintreibern meinen vierrädrigen Sozialfall vor die Tür zu stellen. Ich rangiere rückwärts in eine Lücke mit dem Heck zur Straße und zu dem belebten Trottoir hin. Und dann nix wie los zum Kino.
Ausverkauft!
Sie ist enttäuscht, mir kommt's gerade recht, und darauf, jetzt noch irgendwas in der Stadt zu unternehmen, haben wir beide keine Lust. Also zurück zum Bus und wieder heim.
Gleichzeitig mit dem Bus erblicke ich ein Problem. Dazu muß man wissen, daß gerade die beiden vorderen Türschlösser defekt sind und sich nicht von außen auf- oder zuschließen lassen. Den Griff der Schiebetür habe ich kürzlich dem König von Kommagene als Gastgeschenk dagelassen und bislang noch nicht ersetzt. Alle drei Türen sind von innen verriegelt und das einzige Loch, durch das man reinkommen könnte, ist die Heckklappe. Und so war's auch geplant. Unglücklicherweise steht jedoch eine Handbreit hinter dem Heck ein Baum! Den hatte ich beim Einparken überhaupt nicht gesehen. Die Handbremse ist zum Glück nicht angezogen, aber der Rückwärtsgang ist eingelegt.
Der geneigte Leser möge sich nun bitte folgendes Bild vorstellen, wohlgemerkt am helllichten Sonntag Nachmittag an einer belebten Straße im Zentrum der Landeshauptstadt:
- Langhaarige Gestalt umfaßt mit beiden Händen ein armes, unschuldiges Bäumchen und stemmt sich mit aller Kraft mit zwei Füßen gegen das Heck eines dort abgestellten, verbeulten VW-Kastenwagens.
- Der Vorgang wiederholt sich mehrmals, ohne daß irgendeine erkennbare Veränderung eintritt.
- Langhaariger redet auf seine Begleiterin ein, erklärt ihr irgendwas und kriecht dann unter die Front des Wagens, wo er irgendwas tut und seiner Begleiterin etwas zuruft.
- Daraufhin umfaßt die Begleiterin das arme, unschuldige Bäumchen auf die bekannte Weise, stemmt sich mit beiden Füßen gegen das Heck des Wagens, der daraufhin vorwärts über den am Boden Liegenden hinwegrollt.
- Gestalt kriecht unverletzt vorne unterm Bus raus, hinten durch die Heckklappe rein und durch den Bus nach vorne auf den Fahrersitz.
- Begleiterin schließt Heckklappe und steigt durch die nun geöffnete Beifahrertür ein.
- Beide fahren mit dem Bus davon.
Alles ganz normal, oder?

Clemens