Hallo ulme,
ulme*326 hat geschrieben:Mir hat mal einer erklärt daß die Änderung selbst eines Dach-Presswerkzeuges mit dem Ziel einfach ein großes Loch in eine sonst unveränderte Geometrie zu stanzen eigentlich nicht so suuper-aufwändig sein soll.
Ja, das Ausschneiden an sich wäre nicht das große Problem gewesen. Doch da hängt ja noch ein ganzer Rattenschwanz an Konsequenzen dran.
- Die Dächer wurden in mehreren Folgeschritten geformt, dazwischen jeweils transportiert und am Ende kam das fertige Dach heraus. Insgesamt eine ziemlich große Anlage mit den größten Pressen, die VW damals hatte. Ein zusätzlicher Schritt hätte ziemliche Eingriffe in die Taktung und die Technik bedeutet.
- Damals gab es (fast) noch kein Just-in-time. Die Pressen liefen einige Zeit für die Dächer, dann wurde umgerüstet und andere Großteile wurden gepresst. Die fertigen Dächer kamen in Transportgestellen ins Lager. Zusätzliche Dachform = zusätzliche Teilenummer = zusätzliches Lager = zusätzlicher Logistikaufwand.
- Das „normale“ Dach war als Rohteil ja schon eine ziemlich wabbelige Angelegenheit (die Teile wurden ja vielfach noch von Hand bewegt), aber stell Dir mal das Dach mit Ausschnitt vor, wenn nur noch die schmalen Ränder übrig sind. Wie sie das damals mit den Schiebedächern gemacht haben, weiß ich nicht mehr, aber vielleicht gab’s dazu eine separate kleine Produktionslinie. Ich nehme auch an, dass in den Schiebedächern Versteifungen zur Stabilisierung sind (weiß es aber nicht).
- Wenn der Dachausschnitt schon im Rohteil vorhanden ist, dann verformt sich das Dach bei der Montage anders als ohne diesen Ausschnitt (unnötige Fehlerquelle). Das Dach liegt ja, wenn ich mich richtig erinnere, in Normalfall nicht auf den Querträgern auf, sondern schwebte und konnte sich ein bisschen bewegen. Da kam Karosseriekleber oder so etwas dazwischen.
- Mit Loch im Dach konnten die Fahrzeuge nicht mehr ohne besondere Plane zu Westfalia transportiert werden. Und diese Planen hätten auch wieder zurück gebracht werden müssen.
- Und schließlich: der ganze Aufwand nur, damit Westfalia ein paar Minuten Zeit spart. Wobei ich mir mit dem Sparen gar nicht so sicher bin, denn in Wiedenbrück hatten sie eine große Schablone, haben die einfach aufs Dach gelegt und zwei Minuten später war das Loch fertig geknabbert. Diese Technik brauchte Westfalie ja ohnehin, denn dort wurden auch Busse angeliefert, die nicht direkt aus dem VW-Werk kamen.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich glaub’, das alles bei Westfalia machen zu lassen, war vernünftig.
Weil ich mit selber nicht mehr sicher war, habe ich noch mal nach dem alten Brief von VW gesucht. Und ihn gefunden! Da heißt es (Dezember 1977): “Nein, eine werksseitige Vorbereitung für das Westfalia-Hubdach gibt es nicht, der hierfür erforderliche Dacheinschnitt wird bei den Westfalia-Werken in Wiedenbrück vorgenommen.“
Jetzt wäre nur interessant zu wissen, was das für ein Dach war, das Du bekommen hattest. Vielleicht ein Erlkönig? Oder die nächste Evolutionsstufe?
Ist schon verrückt, dass man so viel Text über so eine Kleinigkeit produzieren kann

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Gute Nacht
Wolfgang