Herr Sander, also der niedersächs. Umweltminister begründete seinen Vorstoss damit, dass NICHT Feinstaub, sondern Stickstoffoxide das eigentliche Problem seien.
Da würde mich aber mal interessieren, was dieser Herr Sander da für eine nächtliche Erscheinung hatte!
Zur Erinnerung:
- Die EU-Kommission legt einen Grenzwert für die
Feinstaubbelastung in der Luft fest. Wird dieser Grenzwert öfter als zulässig überschritten,
müssen die Kommunen handeln.
- Dummerweise übersieht die EU-Kommission bei der Festlegung des Grenzwertes eine Reihe von natürlichen Feinstaubquellen, sowie eine Reihe von menschengeschaffenen, die nichts mit dem Straßenverkehr oder der Industrie zu tun haben (z.B. Getreideernte, Bautätigkeit). Die Grenzwerte werden deshalb viel zu niedrig (im Sinne der Einhaltbarkeit) angesetzt, worauf Fachleute (z.B. der VDI) frühzeitig aber vergebens hinweisen, lange bevor irgend ein nationales Gesetz erlassen oder formuliert ist.
- In Deutschland rotten sich ideologisch-dogmatisch motivierte politische Kräfte mit den "Um_den_Neuwagenverkauf_anzukurbeln_ist_uns_kein_Argument_zu_blöd"-Fraktionen zusammen, um die Dummweltzonen zu schaffen, aus denen alle Autos verbannt werden sollen, die nicht aktuellen Emissionsstandards entsprechen. Dabei wird zunächst keinerlei Rücksicht auf die Feinstaubrelevanz dieser Emissionen genommen (Feinstaub = Partikelgröße < 0,01mm). Erst in letzter Minute werden auch "Altwagen" mit geregeltem Katalysator von den Fahrbeschränkungen ausgenommen. Einen nennenswerten Unterschied bei den Feinstaubemissionen gibt es jedoch nur zwischen Diesel- und Ottomotoren, gleichgültig ob letzterer einen G-Kat hat oder nicht.
- Um die Wirksamkeit der gesetzlichen Regelungen zu überprüfen werden Meßstationen errichtet. Die vergleichen z.B. den Feinstaubgehalt in Stuttgart mit zeitgleichen Meßwerten im Odenwald, im nördlichen Schwarzwald und im Welzheimer Wald. Wo diese äußeren Meßstationen genau stehen weiß ich nicht, aber offenbar stehen sie alle in Wäldern (=natürlichen Luftfiltern, in denen wegen Schatten und Feuchtigkeit auch so gut wie keine Bodenerosion stattfindet). Das war alles mal schön dargestellt in einem PDF vom Regierungspräsidium Stuttgart, das ich aber derzeit nicht wiederfinde. Auf die Schnelle fand ich eben nur das hier:
http://www.rp-stuttgart.de/servlet/PB/s ... g3-loh.pdf
Interessant ist v.a. die Tabelle auf Seite 20. Aus ihr geht hervor, daß jeder PKW in der Stadt zwischen Faktor 4 und 5 mal so viel Feinstaub aufwirbelt, wie er selbst durch's Abgas emittiert.
Die Stadt Stuttgart könnte ihr Feinstaubproblem also zuverlässig dadurch lösen, daß sie einfach mal naß aufwischt!
Kehrwoche - die schwäbischste aller Erfindungen!
Wie auch immer: Zur Begründung der Einrichtung von Dummweltzonen haben die Kommunen stets die o.g. EU-Regelung vorgeschoben. ("Wir wollen euch nix Böses, wir müssen!") In der Tat könnte aufgrund der EU-Gesetze die Kommune von Bürgern verklagt werden, wenn sie nichts gegen die Überschreitung der Grenzwerte unternähme. Was sie jedoch unternimmt, das bleibt ihr völlig freigestellt. Es sollte nur wirksam sein. Daß die derzeitige Regelung völlig unwirksam sein würde, darauf wurde frühzeitig hingewiesen. Reaktion der Politik: Dann werden wir die Regeln eben verschärfen!
Wenn dieser Herr Sander nun statt des Feinstaubes die Stickoxide wiederentdeckt, dann treibt er damit eine Sau durch's Dorf, die zu Zeiten des Diesel-Booms bei den PKW schon mal durch's Dorf getrieben worden ist. Vielleicht baut er ja darauf, daß wir das alles über den sauren Regen, das Waldsterben, das Ozonloch, den Treibhauseffekt, das Glühbirnenverbot und die Smog-Plakette ...
die Smogplakette
... vergessen haben. Dann könnte er sich mit dem NOx ein Denkmal setzen, denn der Feinstaub gehört bereits der EU, das Dosenpfand Herrn Trittin, die Glühbirne hat der dicke Sigmar Gabriel plattgemacht und auf dem CO2-Denkmal steht unverrückbar und alles überragend Klaus Töpfer!
Letzterem zolle ich übrigens hohen Respekt, denn er hat - wie lange ist denn das schon her - vor über 20 Jahren(?) eine Diskussion angezettelt, die heute brandaktuell ist, die mir aber damals, als kleinem Nachwuchs-Daniel-Düsentrieb, völlig aberwitzig erschienen ist: Die Notwendigkeit zur Begrenzung des weltweiten Ausstoßes von Kohlendioxid!
Die bisherigen Forderungen nach der Begrenzung von Kohlenmonoxid, von Stickoxiden, von Schwefeloxiden etc. waren alles Aufforderungen "Mach's besser!" - und optimal wäre es eben, wenn es gelänge, aus Kohlenwasserstoffverbindungen und Sauerstoff nix anderes als Kohlendioxid und Wasser zu generieren. Nun ausgerechnet das CO2 zu ächten, das war stattdessen die Aufforderung "Tu's nicht!" - und das paßte so überhaupt nicht ins Bild - weder in das des grundsätzlich technikgläubigen Maschinenbaustudenten, noch in das der grundsätzlich wachstumsgläubigen Wählerschaft seiner Partei. Für mich war er damals ein Hazardeur, der gerade politischen Selbstmord begangen hatte. Heute sehe ich in ihm einen Visionär, der ein Thema aufgespürt hatte, das zum damaligen Zeitpunkt noch in niemandes Kopf war, der die Bedeutung des Themas erkannt hatte und der sich wider alles politische Kalkül und "parteitaktische Vernunft" dafür stark machte. Sicher ging es damals ein Stück weit auch darum, den erstarkenden Grünen Paroli zu bieten, aber grundsätzlich habe ich den Eindruck, daß hier ein Mann für seine Überzeugung eingetreten ist.
Unglücklicherweise nimmt heute ein Großteil der Bevölkerung dieses Thema nicht ernst oder mißtraut grundsätzlich den wissenschaftlichen Prognosen, weil eben in den letzten 20 Jahren schon zuviel Müll erzählt wurde und zuviel Schindluder mit Umweltthemen ("Öko-Steuer" etc.) getrieben wurde.
Ich frage mich oft, wie die Welt wohl aussähe, wenn wir statt einer Auto-Nation ein Volk von Heizungsbauern und Fassadenwärmedämmern wären. Wir könnten unbeschwert Auto fahren, hätten aber unter dem Druck von Auflagen und Verordnungen in den letzten 20 Jahren schon dreimal unsere Hütte runderneuert.
Auch nicht schlecht!
Gruß,
Clemens