Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Benutzeravatar
Bus-Hoehle
T2-Süchtiger
Beiträge: 803
Registriert: 13.08.2008 10:48
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von Bus-Hoehle »

Ich hatte mal so einen Fall mit einem 50PS Serienmotor.

Motor neu aufgebaut vom Fachmann. Eingebaut von mir in den WDR-Bustour-Bulli (2003).

Motorschaden nach 1500km in Frankreich. Zähne am Nockenwellenrad runtergeschliffen bis zum Zahnausfall. (Öl sah aus wie Antrazit-Metallic)

Neuen Motor vom Fachmann geholt und auf der Lösewiese in Frankreich eingebaut. Seit dem ist Ruhe und der Bulli läuft. Den defekten Motor habe ich dem Fachmann wieder auf die Theke gelegt. Garantie war keine Problem. Wartungsmangel kann ja nicht solch einen Schaden verursachen. Motor wurde in seine Teile zerlegt, gereinigt und alle Gutteile eingelagert. Jahrelanges Kopfkratzen über diesen Fehler.

2005 dann die Lösung. Das Gehäuse wurde wieder aus dem Lager geholt und sollte kompletiert werden. Jetzt fiel auf, das irgendjemand die Lagergasse der Nochenwelle auf +0,25 bearbeitet hatte. So etwas macht niemand. Denn wenn die Lagergasee der Nockenwelle ein Übermaß braucht, ist der Block normalerweise schon lange tot.

Egal. 2003 wurde es nicht bemerkt, weil in dem Fach mit den Blinddeckeln sich einer mit dem Übermaß versteckt hatte. Somit war der stramm in der Bohrung. Und die Lagerschalen werden eh ein wenig unter Spannung eingesetzt. So fiel das nicht auf. Nun aber schon.

Der Chef war so sauer, dass es das Gehäuse nun als Getränkedosen zu kaufen gibt.

Die Nockenwelle hatte unter Last einfach zuviel Spiel in ihren Lagern. Das war der Grund für den Schaden.

Und wir hatten schon viel diskutiert was der Fehler hätte sein können. aber auf sowas kamen wir nicht.

Egal, der Bulli läuft, und läuft, und läuft, und läuft, und läuft, .......

Grüße von der Lösewiese.
Benutzeravatar
Norbert*848b
*
*
Beiträge: 7105
Registriert: 30.10.2013 21:57
IG T2 Mitgliedsnummer: 848

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von Norbert*848b »

BTW:
Bus-Hoehle hat geschrieben: 15.06.2021 07:32 Jetzt fiel auf, das irgendjemand die Lagergasse der Nockenwelle auf +0,25 bearbeitet hatte. So etwas macht niemand.
Richtig wäre es gewesen, auf + 0,5 mm aufzubohren, wie es VW bei den Austauschmotoren manchmal gemacht hat / machen musste. :surprised:
Quelle: http://www.michaelknappmann.de/bulli/mi ... frame.html
Seite 012
Bohrung für Nockenwellenlager 27,5 - 27,52
Standardmaß der Nockenwelle 24,99 - 25,00 mm

Seite 036
Montagehinweise für Austauschmotore
3 - Nockenwelle:
Die Nockenwellenlagerbohrungen im Kurbelgehäuse werden teilweise um 0,5 mm auf 28 mm aufgebohrt.
(In der Tabelle ist ein Tippfehler bei der Kurbelgehäusebohrung, anstatt 7,5 mm muss es natürlich 27,5 mm heißen.)

Solch ein Motorgehäuse hab ich noch liegen, das wird aber (vorerst) nicht als Getränkedosen enden müssen. ... mal sehen welche Expertise mein Motorbauer abgibt. :wink:

Wie VW das bei Typ 4 Motoren gehandhabt hat, entzieht sich leider meiner Kenntnis. :(
Genaues Nachmessen ist aber m.E. nach zwingend zu empfehlen.
Freundliche Grüße aus Algermissen

Norbert
Benutzeravatar
Bus-Hoehle
T2-Süchtiger
Beiträge: 803
Registriert: 13.08.2008 10:48
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von Bus-Hoehle »

Mag auch +0,5 gewesen sein. Auf jeden Fall Übermaß.

Doof war halt, das ein Übermaßdeckel im Spiel war wo nur Standartdeckel drin sein sollten.
Benutzeravatar
Norbert*848b
*
*
Beiträge: 7105
Registriert: 30.10.2013 21:57
IG T2 Mitgliedsnummer: 848

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von Norbert*848b »

Hallo Peter,
seltener Schaden, aber schon vorgekommen wie wir erfahren durften.
Auch bei thesamba ist so etwas beschrieben, weiß nicht, ob der Hinweis zielführend sein könnte.
Da hatte man eine zu groß geratene Scheibenfeder (woodruff key) in Verdacht,
Quelle: https://www.thesamba.com/vw/forum/viewt ... sc&start=0
und: https://www.thesamba.com/vw/forum/viewt ... sc&start=0

Was ich noch ergänzen darf und Du sicherlich auch weißt:
Beim Zahnflankenspiel testen, die Kurbelwelle mind. 2 x links herum (also entgegen der Laufrichtung) drehen, damit sich die NW auch einmal gedreht hat,
sie darf dabei nicht angehoben werden.
Freundliche Grüße aus Algermissen

Norbert
ulli
T2-Autor
Beiträge: 1
Registriert: 16.06.2021 15:00
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von ulli »

Hallo, ich denke das ist erklärbar. Alle zwei Umdrehungen der Kurbelwelle ergibt sich eine Konstellation bei der die Nockenwelle durch den Druck der Ventilfedern in einen Lastwechselmoment kommt. Wenn dieser Moment (Kraft) stärker als normal ausfällt, kommt es in einem Sektor der Nockenwellenrades zu starken Verschleiß. Ein starkes Moment wird in der Regel begünstigt durch die Kombination: Kräftige Ventilfedern und zu viel Flankenspiel des Antriebrades. Dann stellt sich dieser Schaden jedoch oft schon nach 500 km ein. Aber auch zu viel Ventilspiel trägt zur Verstärkung des Schlages beim Lastwechsels bei. LG
Benutzeravatar
Sgt. Pepper
*
*
Beiträge: 4224
Registriert: 10.03.2005 19:41
IG T2 Mitgliedsnummer: 834

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von Sgt. Pepper »

Moin,

ich habe mir die beiden Beiträge bei thesamba durchgelesen und so richtig eine Ursache ist da auch nicht gefunden worden. Die Passfeder für das Antriebsrad ist halt nur eine Vermutung, bewiesen wurde das nicht. Fakt ist, derlei Schäden scheinen schon öfters aufgetreten zu sein. Interessant ist, dass dort eher von einer bis maximal zwei Stellen die Rede ist. Peter hat ja den Schaden alle 90°.

Eine Möglichkeit könnte noch axiales Spiel der Nockenwelle sein.

Auf jeden Fall sollte man alle Komponenten tauschen, also beide Stirnräder sowie die Passfeder und genau auf Rundlauf der Komponenten und des Axialspiels achten.

Mich wundert nur, dass es halt ein originaler VW Motor ist, der scheinbar noch nie geöffnet wurde. Eventuell hat bei VW auch jemand ins falsche Regal gegriffen oder es gab kein genau passendes Nockenwellenrad mehr. Immerhin stammen die BW Motoren ja aus den letzten Fertigungszeiten für den Typ4 in den 90ern. Eventuell war da bei denen schon mehr oder weniger Resteverwertung. Und bei der BW haben die Motoren ja nur sehr wenige Stunden in den Geschützen, wenn sie überhaupt mal zur Anwendung kommen.

Grüße,
Stephan
Bild
Bild
Benutzeravatar
Peter E.
Wohnt im T2!
Beiträge: 3120
Registriert: 04.06.2003 12:08
Kontaktdaten:

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von Peter E. »

Vielen Dank für die Beiträge.
Fangen wir mal an Fehlerursachen auszuschließen.

Nockenwellengasse im Übermaß schließe ich aus.
Die Lagerschalen sitzen passgenau und ohne Spiel in ihrem Sitz.
Lege ich die Nockenwelle in die Lager habe ich ein Spiel (Radial) von 0-2 Hundertstel
axial beträgt das Spiel ca 6 Hunderstel
Der seitliche Schlag des Nockenwellenrades sind 5 Hunderstel (dabei habe ich Druck auf die Sirnseite der Nockenwelle gegeben, um das Axialspiel rauszuhalten.)

Das finde ich vom Gefühl her recht viel, habe aber noch nicht in die Literatur geguckt.
20210617_143718.jpg
Federscheibe würde ich ausschließen, da die Schadhaften Stellen nicht die sind, an denen der Federkeil zum Nockenwellenrad zeigt.



Ventilspiel musste ich bei dem Motor bisher nur minimal anpassen, das würde ich auch ausschließen.

Die Federkräfte der Ventilfedern werde ich noch messen, laut Motorenbauer waren die Köpfe und Ventile aber komplett unauffällig.
20210617_141405.jpg
Dateianhänge
20210617_141438.jpg
Gruss von Peter aus dem Schwentinental
Benutzeravatar
Peter E.
Wohnt im T2!
Beiträge: 3120
Registriert: 04.06.2003 12:08
Kontaktdaten:

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von Peter E. »

Noch ein Ansatz:
Der Instandsetzer hat berichtet, dass die Ventilschaftdichtungen komplett ausgehärtet sind und eine fehlt.
Da fiel mir wieder ein, dass ich voriges Jahr Bruchstücke von einem Schwarzen Kunststoff-Ring im Ölsieb hatte, und wir am Ende die Reibscheibe unten im Verteiler als Verdächtige ausgemacht hatten, weil die fehlte

Ich hatte das schon ganz vergessen

Könnte es nicht sein, das ein Bruchstück sich eine Zeitlang in der Ölpumpe verklemmt hatte und die Nockenwelle dadurch eine Zeitlang schwerhängiger lief?

Dann kämen die 500 bis 1500 km auch hin, die so ein Schaden braucht.
Gruss von Peter aus dem Schwentinental
Benutzeravatar
schrauberger
Wohnt im T2!
Beiträge: 1375
Registriert: 25.03.2013 17:27
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von schrauberger »

Peter E. hat geschrieben: 17.06.2021 15:03 Noch ein Ansatz:
Der Instandsetzer hat berichtet, dass die Ventilschaftdichtungen komplett ausgehärtet sind und eine fehlt.
Da fiel mir wieder ein, dass ich voriges Jahr Bruchstücke von einem Schwarzen Kunststoff-Ring im Ölsieb hatte, und wir am Ende die Reibscheibe unten im Verteiler als Verdächtige ausgemacht hatten, weil die fehlte

Ich hatte das schon ganz vergessen

Könnte es nicht sein, das ein Bruchstück sich eine Zeitlang in der Ölpumpe verklemmt hatte und die Nockenwelle dadurch eine Zeitlang schwerhängiger lief?
Hmm, die Reibscheibe unten im Verteiler ist doch aus Stahl.

Wegen Ölpumpe verklemmt, weshalb dann die um 90 Grad versetzten Schadstellen am Zahnrad?
Echt schwierig :confused:

Ralph
Schöne Grüße aus Geisingen,

Biete in Originalqualität:
Reparaturbleche für Laderaumboden und
Typ4 Wärmetauscher.
Sämtliche BKV-Unterdruckleitungen und
Nachlaufleitungen für Bremsflüssigkeit.
Benutzeravatar
Peter E.
Wohnt im T2!
Beiträge: 3120
Registriert: 04.06.2003 12:08
Kontaktdaten:

Re: Ein eher ungewöhnlicher Motorschaden, oder auch Glück im Unglück

Beitrag von Peter E. »

Ich erkläre mir das Verschleißbild so, dass die Auslassventile gegen einen Überdruck im Zylinder öffnen müssen, während die Einlassventile mit einem Unterdruck öffnen.

Damit wird zum Öffnen der Auslassventile etwas mehr Kraft nötig sein, als bei den Einlassventilen.

Eine Schwergängige Ölpumpe würde sich auf diese Kräfte draufaddieren.
Gruss von Peter aus dem Schwentinental
Antworten