Verzwicktes Problem von ganz weit unten
Verfasst: 22.11.2012 20:51
Liebe Gemeinde,
ich hätte den Betreff gern etwas präziser formuliert, doch ich tappe ziemlich im Dunklen und könnte Eure Hilfe gut gebrauchen.
Aber der Reihe nach. Ich bin gerade in Windhoek/Namibia zur „Nachbereitung“ unserer Reise. Sprich: drei Wochen reparieren und renovieren. Ein paar Sachen sind unterwegs kaputt gegangen, doch die meiste Zeit bin ich am Aufhübschen der alten Dame (neuer Lack, neue Bremsanlage, ein bisschen Rost und 1000 Kleinigkeiten). Wir sind in den letzten drei Monaten gut 11.000 km in Südafrika herumgefahren und es gab bis auf das oben genannte Problem nichts Unschönes. Ganz im Gegenteil.
Jetzt aber zum Thema. Wir standen im Krugerpark und hatten vor uns eine Herde Elefanten. Als sie auf uns zu kommen, will ich den Wagen anlassen und zurücksetzen, aber er springt nicht an. Glücklicherweise sind Elefanten selten aggressiv und sie laufen einfach an uns vorbei. Danach habe ich noch zwei oder drei Minuten georgelt (nicht in einem Stück), aber er wollte nicht anspringen. Der Auspuff roch ziemlich nach Benzin. Schließlich sprang er dann doch noch an und lief sofort rund. Der Motor war zuvor warm, nicht heiß.
Für den Rest des Tages habe ich dann aufs Motorabstellen verzichtet und es nur ein paar Mal auf längeren Bergabstrecken mit dem Anlasser versucht. Nichts. Sobald ich jedoch die Kupplung kurz schnappen ließ, war der Motor sofort da.
Am nächsten Morgen sprang er einwandfrei an, doch am Tage wieder der gleiche Mist. Also einen Tag ohne Elefanten, stattdessen Ameisen unterm Auto.
Ich hatte zu dem Zeitpunkt die Zündanlage im Verdacht, denn dass die Benzinversorgung funktionierte, konnte man riechen. Also Kerzen erneuert (W8DC, sahen gut aus mit einem leichten Rußrand am Gewinde), dann Probefahrt, doch das gleiche Problem. Unterbrecher erneuert, Probefahrt, keine Änderung. Die Zündung war jeweils sauber eingestellt, Ventile ebenfalls. Vielleicht doch etwas mit der Gemischaufbereitung? Vergaser zerlegt und gereinigt. Dabei fiel mir auf, dass der Spiegel in der Schwimmerkammer höher war als er sein sollte. Das könnte an einer seitlich weggedrückten Schwimmernadelventildichtung gelegen haben. Also neue rein. Dann wollte ich den CO-Wert einstellen. Er war deutlich zu niedrig. Doch egal, was ich mit der Gemischeinstellschraube auch anstellte, ich kam kaum über 1,5%. Selbst wenn ich die Schraube unanständig weit herausdrehte, blieb der Wert unter 2%. Es war gerade so, als wäre die Schraube wirkungslos. Schließlich habe ich die Schraube nach alter Väter Sitte ohne Abgasmessgerät eingestellt. Trotzdem sprang der Wagen nicht besser an. Nur morgens hatte er Lust.
Mir fiel beim Anlassen auf, dass er mehrmals genau in dem Moment ansprang, in dem ich den Zündschlüssel schon wieder losgelassen hatte. Es könnte also doch die Zündung sein. Zu schwacher Zündfunke. Erst, wenn der Anlasser abgeschaltet wird, ist die Spannung hoch genug. Mein Vorrat an Zündungsersatzteilen war allmählich erschöpft. Den Kondensator habe ich als Problem ausgeschlossen, da die alten Kontakte gut aussahen. Blieb noch die Zündspule. Ich hatte noch eine gebrauchte Made in China dabei. Eingebaut, Probefahrt, Problem erledigt. Also werde ich, wenn ich wieder in der Zivilisation bin, eine neue Zündspule spendieren. Die Kabel sind rund 10 Jahre alt, also auch gleich mit raus.
Ich dachte, damit wäre das Problem beseitigt. War es aber nicht. Der Motor springt zwar an, ruckelt aber zuweilen im mittleren Drehzahlbereich. Magerruckeln? Da die Gemischeinstellung ja ohnehin ein Glücksspiel war, habe ich auf Verdacht fetter eingestellt. Mit Erfolg. Der Motor läuft jetzt rund.
Doch dann kam die nächste Überraschung. Der Motor wird 10 bis 20° heißer als normal. Ist er immer noch zu mager? Nochmals fetter eingestellt und nach Falschluft gesucht. Keine Wirkung. Erst alle Verbindungen mit Wasser begossen, dann aus lauter Verzweiflung Benzin in eine Sprühflasche gefüllt und es damit versucht. Ebenfalls ohne Erfolg. Er bleibt heiß und packt noch ein weiteres Rätsel oben drauf. Wir sind seit dem Krugerpark rund 2.500 km gefahren. Da wir zwei Tanks drinnen haben, fahren wir immer den einen leer und schalten dann auf den zweiten um. Wenn’s gut läuft, schaffen wir mit dem Haupttank 550 km (bei 60 Litern). Diesmal hat er erst nach 667 km gestottert. Wir wollten es natürlich nicht glauben, wahrscheinlich hat er schon heimlich am zweiten Tank genuckelt. Doch beim Leerfahren des zweiten das Gleiche. Alles wieder voll getankt und noch mal versucht. Dasselbe Spiel. Meine Frau schwört hoch und heilig, dass sie kein Tässchen Sprit heimlich in den Tank gekippt hat. Nach 2500 km liegt der Schnitt bei 9,1 Litern. Von den 2500 Kilometern waren 800 auf Piste mit teilweise ziemlich viel Sand und zweitem Gang. Außerdem noch rund 200 km mit extremem Gegenwind, so dass ich über lange Strecken den vierten Gang nicht mehr halten konnte. Das alles wäre für 11 bis 12 Liter gut gewesen, aber niemals für 9!
Der Kilometerzähler ist’s nicht. denn das Navi zeigt die gleiche Distanz.
Der Motor wird nach wie vor deutlich zu heiß. Da wir in der Kalahari fast 40° hatten, konnte ich, um die Öltemperatur unter 110° zu halten, streckenweise nicht über 60 km/h fahren. Normalerweise kommen wir selten über 100° (am Typ-3-Einfüllstutzen gemessen).
Könnt Ihr Euch da einen Reim drauf machen? Für mich riecht das alles nach extremem Magerbetrieb. Doch dagegen spricht, dass wir eine dünne Rußschicht im Auspuff haben. Einen schwachen Zündfunken schließe ich zur Zeit aus, denn sonst wäre dieser Verbrauch nicht zustande gekommen. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass hier gleich mehrere Probleme im Spiel sind und sich gegenseitig beeinflussen.
Nächstes Jahr werde ich den Motor ohnehin herausnehmen (Kurbelwellendichtring, Auspuff an Heizbirne undicht und noch ein paar Kleinigkeiten), doch das dürfte das Gemisch- oder Zündungsproblem nicht lösen. Mir wäre erheblich wohler, wenn ich eine Idee hätte, was da gerade gespielt wird. Es muss doch eine logische Erklärung für das alles geben oder ist mein Motor in der Pubertät? Wenn ich da einen Plan hätte, könnte ich aus Deutschland ein paar Kilo Ersatzteile mitbringen. Doch welche?
Entschuldigt bitte das lange Epos. Ich dachte mir, dass ich lieber gleich die ganze Geschichte erzähle, anstatt sie so nach und nach zu ergänzen. Ich würde mich freuen, wenn Euch etwas einfällt, was in den nächsten Wochen noch hier vor Ort testen oder ersetzen kann, denn in dem Zustand würde ich dem Motor nur ungern den nächsten Urlaub zutrauen.
Danke für Eure Mühe, dies alles zu lesen, und schöne Grüße aus dem 33° warmen Windhoek
Wolfgang
ich hätte den Betreff gern etwas präziser formuliert, doch ich tappe ziemlich im Dunklen und könnte Eure Hilfe gut gebrauchen.
Aber der Reihe nach. Ich bin gerade in Windhoek/Namibia zur „Nachbereitung“ unserer Reise. Sprich: drei Wochen reparieren und renovieren. Ein paar Sachen sind unterwegs kaputt gegangen, doch die meiste Zeit bin ich am Aufhübschen der alten Dame (neuer Lack, neue Bremsanlage, ein bisschen Rost und 1000 Kleinigkeiten). Wir sind in den letzten drei Monaten gut 11.000 km in Südafrika herumgefahren und es gab bis auf das oben genannte Problem nichts Unschönes. Ganz im Gegenteil.
Jetzt aber zum Thema. Wir standen im Krugerpark und hatten vor uns eine Herde Elefanten. Als sie auf uns zu kommen, will ich den Wagen anlassen und zurücksetzen, aber er springt nicht an. Glücklicherweise sind Elefanten selten aggressiv und sie laufen einfach an uns vorbei. Danach habe ich noch zwei oder drei Minuten georgelt (nicht in einem Stück), aber er wollte nicht anspringen. Der Auspuff roch ziemlich nach Benzin. Schließlich sprang er dann doch noch an und lief sofort rund. Der Motor war zuvor warm, nicht heiß.
Für den Rest des Tages habe ich dann aufs Motorabstellen verzichtet und es nur ein paar Mal auf längeren Bergabstrecken mit dem Anlasser versucht. Nichts. Sobald ich jedoch die Kupplung kurz schnappen ließ, war der Motor sofort da.
Am nächsten Morgen sprang er einwandfrei an, doch am Tage wieder der gleiche Mist. Also einen Tag ohne Elefanten, stattdessen Ameisen unterm Auto.
Ich hatte zu dem Zeitpunkt die Zündanlage im Verdacht, denn dass die Benzinversorgung funktionierte, konnte man riechen. Also Kerzen erneuert (W8DC, sahen gut aus mit einem leichten Rußrand am Gewinde), dann Probefahrt, doch das gleiche Problem. Unterbrecher erneuert, Probefahrt, keine Änderung. Die Zündung war jeweils sauber eingestellt, Ventile ebenfalls. Vielleicht doch etwas mit der Gemischaufbereitung? Vergaser zerlegt und gereinigt. Dabei fiel mir auf, dass der Spiegel in der Schwimmerkammer höher war als er sein sollte. Das könnte an einer seitlich weggedrückten Schwimmernadelventildichtung gelegen haben. Also neue rein. Dann wollte ich den CO-Wert einstellen. Er war deutlich zu niedrig. Doch egal, was ich mit der Gemischeinstellschraube auch anstellte, ich kam kaum über 1,5%. Selbst wenn ich die Schraube unanständig weit herausdrehte, blieb der Wert unter 2%. Es war gerade so, als wäre die Schraube wirkungslos. Schließlich habe ich die Schraube nach alter Väter Sitte ohne Abgasmessgerät eingestellt. Trotzdem sprang der Wagen nicht besser an. Nur morgens hatte er Lust.
Mir fiel beim Anlassen auf, dass er mehrmals genau in dem Moment ansprang, in dem ich den Zündschlüssel schon wieder losgelassen hatte. Es könnte also doch die Zündung sein. Zu schwacher Zündfunke. Erst, wenn der Anlasser abgeschaltet wird, ist die Spannung hoch genug. Mein Vorrat an Zündungsersatzteilen war allmählich erschöpft. Den Kondensator habe ich als Problem ausgeschlossen, da die alten Kontakte gut aussahen. Blieb noch die Zündspule. Ich hatte noch eine gebrauchte Made in China dabei. Eingebaut, Probefahrt, Problem erledigt. Also werde ich, wenn ich wieder in der Zivilisation bin, eine neue Zündspule spendieren. Die Kabel sind rund 10 Jahre alt, also auch gleich mit raus.
Ich dachte, damit wäre das Problem beseitigt. War es aber nicht. Der Motor springt zwar an, ruckelt aber zuweilen im mittleren Drehzahlbereich. Magerruckeln? Da die Gemischeinstellung ja ohnehin ein Glücksspiel war, habe ich auf Verdacht fetter eingestellt. Mit Erfolg. Der Motor läuft jetzt rund.
Doch dann kam die nächste Überraschung. Der Motor wird 10 bis 20° heißer als normal. Ist er immer noch zu mager? Nochmals fetter eingestellt und nach Falschluft gesucht. Keine Wirkung. Erst alle Verbindungen mit Wasser begossen, dann aus lauter Verzweiflung Benzin in eine Sprühflasche gefüllt und es damit versucht. Ebenfalls ohne Erfolg. Er bleibt heiß und packt noch ein weiteres Rätsel oben drauf. Wir sind seit dem Krugerpark rund 2.500 km gefahren. Da wir zwei Tanks drinnen haben, fahren wir immer den einen leer und schalten dann auf den zweiten um. Wenn’s gut läuft, schaffen wir mit dem Haupttank 550 km (bei 60 Litern). Diesmal hat er erst nach 667 km gestottert. Wir wollten es natürlich nicht glauben, wahrscheinlich hat er schon heimlich am zweiten Tank genuckelt. Doch beim Leerfahren des zweiten das Gleiche. Alles wieder voll getankt und noch mal versucht. Dasselbe Spiel. Meine Frau schwört hoch und heilig, dass sie kein Tässchen Sprit heimlich in den Tank gekippt hat. Nach 2500 km liegt der Schnitt bei 9,1 Litern. Von den 2500 Kilometern waren 800 auf Piste mit teilweise ziemlich viel Sand und zweitem Gang. Außerdem noch rund 200 km mit extremem Gegenwind, so dass ich über lange Strecken den vierten Gang nicht mehr halten konnte. Das alles wäre für 11 bis 12 Liter gut gewesen, aber niemals für 9!
Der Kilometerzähler ist’s nicht. denn das Navi zeigt die gleiche Distanz.
Der Motor wird nach wie vor deutlich zu heiß. Da wir in der Kalahari fast 40° hatten, konnte ich, um die Öltemperatur unter 110° zu halten, streckenweise nicht über 60 km/h fahren. Normalerweise kommen wir selten über 100° (am Typ-3-Einfüllstutzen gemessen).
Könnt Ihr Euch da einen Reim drauf machen? Für mich riecht das alles nach extremem Magerbetrieb. Doch dagegen spricht, dass wir eine dünne Rußschicht im Auspuff haben. Einen schwachen Zündfunken schließe ich zur Zeit aus, denn sonst wäre dieser Verbrauch nicht zustande gekommen. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass hier gleich mehrere Probleme im Spiel sind und sich gegenseitig beeinflussen.
Nächstes Jahr werde ich den Motor ohnehin herausnehmen (Kurbelwellendichtring, Auspuff an Heizbirne undicht und noch ein paar Kleinigkeiten), doch das dürfte das Gemisch- oder Zündungsproblem nicht lösen. Mir wäre erheblich wohler, wenn ich eine Idee hätte, was da gerade gespielt wird. Es muss doch eine logische Erklärung für das alles geben oder ist mein Motor in der Pubertät? Wenn ich da einen Plan hätte, könnte ich aus Deutschland ein paar Kilo Ersatzteile mitbringen. Doch welche?
Entschuldigt bitte das lange Epos. Ich dachte mir, dass ich lieber gleich die ganze Geschichte erzähle, anstatt sie so nach und nach zu ergänzen. Ich würde mich freuen, wenn Euch etwas einfällt, was in den nächsten Wochen noch hier vor Ort testen oder ersetzen kann, denn in dem Zustand würde ich dem Motor nur ungern den nächsten Urlaub zutrauen.
Danke für Eure Mühe, dies alles zu lesen, und schöne Grüße aus dem 33° warmen Windhoek
Wolfgang