Ausfahrt des T2-Clubs in Kairo

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Johnson
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Re: Ausfahrt des T2-Clubs in Kairo

Beitrag von Johnson »

Hallo Wolfgang,

na da schau an. German Lehrer ist die richtige Antwort :-). Ich habe hier nur einen Händler, der ist bei mir um die Ecke. Da können wir gerne mal hin. Tiefer bin ich noch nicht vorgedrungen. Aber wir haben hier einen Kontakt, einen T2-Minibusfahrer, der Dir alles besorgen kann, was hier mit T2 zu tun hat. Allerdings fliege ich am Wochenende nach Deutschland auf das Passat B1/B2-Treffen. Wenn Du einen weißen 32b Syncro durch Giza fahren siehst, das bin ich.

Grüße,

Johannes
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Wolfgang T2b *354
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Re: Ausfahrt des T2-Clubs in Kairo

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo German Lehrer :mrgreen:,

als man hier im Unternehmen mitbekam, dass ich so ein altes Auto fahre, da hörte ich sofort die Geschichte von den deutschen Lehrerfamilien, die ihre Busse jeweils an die nächste weitergegeben haben, wenn sie zurückgingen. Alter VW-Bus = deutsche Lehrer, so einfach kann das Leben sein :D.

Hier auf der Arabeya Straße steht auch noch ein T3-Westfalia herum.

Akuten Bedarf an Ersatzteilen habe ich nicht, ich hätte mir nur gern mal angeschaut, was die das hier so machen. Es gibt ja nicht mehr viele Ecken in der Welt, wo der T2 noch ein nüchterner Alltagsgegenstand ist. Zu meinem Erstaunen habe ich auch gesehen, dass viele hier noch mit den alten luftgekühlten Motoren herumfahren. Es muss also einige Spezialisten geben, die solche Motoren noch am Leben halten können. Nach ‘ner Million Kilometern :respekt:!

Ersatzteile aus Ägypten mitzunehmen ist für mich insofern wenig praktisch, als mein Bus 6000 km südlich von Deinem steht. Und dort findet man auch noch fast alles. Leider nur fast alles, z.B. keine Gelenkwellenflansche, wie ich vor zwei Jahren schmerzvoll feststellen musste.

Schade, dass Du am Wochenende wegfliegst, sonst hätte ich mir das gern mal mit Dir angeschaut (mein Rückflug ist leider schon am kommenden Montag).

Schöne Grüße aus Mohandessin nach Giza

Wolfgang

PS: hab‘ etliche Passats (Passate? Passaten?) hier im Viertel gesehen, aber keinen weißen B. Die meisten waren deutlich jünger. Und Deinen Bus auch nicht, der wär' mir sicher aufgefallen. Bin ohnehin gespannt, wie Dein Blog weitergeht und ob Du den Bus nach Deutschland bringen kannst. Wenn Du noch ein paar Jahre Zeit hast, dann ist vielleicht der Landweg wieder offen.
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T2Arizona
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Re: Ausfahrt des T2-Clubs in Kairo

Beitrag von T2Arizona »

Hallo,
vor mehreren Jahren war da mal ein Bericht (ich glaube AutoBild).
Da kann ich mich erinnern an die weiß umgespritzten T2s und die deutschen Schilder unter den landestypischen.
Schön zu hören, dass es immer noch so viele gibt :-)
Weiß noch jemand wo der Bericht war, bzw hat ihn noch jemand?

Schöne Grüße,
Michael
Das Leben ist zu kurz für langweilige Fortbewegungsmittel.
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Wolfgang T2b *354
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Re: Ausfahrt des T2-Clubs in Kairo

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo Michael,

den Artikel kenne ich nicht (oder hab‘ ihn vergessen :oops:).

Das mit den deutschen Nummernschildern ist, wie Johannes/Johnson schon schrieb, eine lokale Marotte. So ein Schild unter dem ägyptischen zu haben, heißt nicht zwingend, dass das Auto jemals in Deutschland war. Das ist so wie mit den Kamei-Aufklebern vor 40 Jahren: waren schön bunt und sahen cool aus, obwohl man gar kein Zubehör von Kamei angebaut hatte. Die haben wir seinerzeit auch an voll getarnten syrischen Militärfahrzeugen gesehen. Da knallte das Rot-gelb besonders gut raus.

Hier in Kairo habe ich chinesische Mini-Kleinstlaster mit deutschem Nummernschild gesehen. Ich weiß gar nicht, ob die in Deutschland zugelassen werden würden (… und wenn ja, als was: Krankenfahrstuhl, motorisierter Handkarren, Rollator?), aber sie hatten brettlbreit ein deutsches Nummernschild dran. Ich kann mir gut vorstellen, dass die lokal als Autozubehör „nachgefertigt“ werden. Oder als Zubehör bei der Autofabrik in China gleich mitbestellt werden können.

Schöne Grüße aus Kairo

Wolfgang
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Wolfgang T2b *354
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Re: Ausfahrt des T2-Clubs in Kairo

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo allerseits,

es ist vier Jahre her, dass ich von den seltsamen T2s in Kairo geschrieben habe. Letztes Wochenende war ich wieder da und hatte dieses Mal auch genügend Zeit.

Die alten T2s rackern immer noch wie eh und je. Die sind offensichtlich nicht tot zu kriegen. Ich habe mit einem Dutzend Fahrern gesprochen (naja, gesprochen ist übertrieben, wenn keiner mehr als ein paar Worte der Sprache des anderen spricht). Alle waren mächtig stolz auf ihre German Cars und als sie hörten, dass ich aus Germany komme und auch so ein Auto fahre, hatte ich gleich einen Tee in der Hand und durfte natürlich alle Fahrzeuge im Detail bewundern. Es gab Dutzende von Selfies. Der alte Mann und das Auto.

Doch eines war anders als beim letzten Mal: die meisten T2 fahren inzwischen mit einem dicken Gastank auf dem Motorraum herum. Gas ist billig in Ägypten. Es sind immer noch die alten Typ1-Motoren, doch unterm Vergaser ist ein Schlauchstutzen montiert, der das Ansauggeweih mit Gas versorgt. Alles andere ist geblieben, auch das knatternde Geräusch. Das Ganze ist echt simpel und scheint einwandfrei zu funktionieren. Nur auf der langgezogenen Auffahrt auf eine Hochstraße klangen die Motoren etwas asthmatisch...
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Links im Motorraum die Gasarmatur

Eine hintere Federung hat keiner mehr. Die Karosserie liegt auf und leitet jeden Buckel der Straße ungedämpft weiter. Egal, ob der Bus leer oder voll ist. Ich weiß nicht, warum es die Konstruktion dabei nicht allmählich zerreißt. Wir hatten mal 50km mit gebrochenem Federstab. Das tat richtig weh.

Einer der Fahrer hat mich dann auf seine Tour mitgenommen. Die T2 pendeln hier als Minibusse auf definierten Strecken. Meiner fuhr von der Innenstadt 8 km raus zu den Pyramiden und wieder zurück. Man kann überall ein- und aussteigen, die Schiebetür ist immer offen.
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Im Busbahnhof

Die Tour hat knapp eineinhalb Stunden gedauert, wir hatten 30 oder 40 Fahrgäste (maximal 10 gleichzeitig, alle sitzend!), das dürfte 20 bis 30 Euro eingebracht haben.
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Einen Heizungshebel braucht hier niemand, dafür aber eine Kasse.

Ich habe auf dem Beifahrersitz den Verkehrs-Nahkampf live miterleben dürfen. Nah ist wörtlich gemeint. Letztes Mal schrieb ich, dass es von außen wie Vollkontakt-Karate wirkt. Jeder kämpft sich irgendwie gegen jeden vorwärts. Doch das ist Quatsch, wie ich mittlerweile weiß. Es sieht für uns zwar furchtbar chaotisch und aggressiv aus, das ist es aber gar nicht. Jeder achtet hier ganz genau auf die Bewegungen des anderen, niemand pocht auf sein Vorfahrtsrecht. Es ist eher ein ziemlich gut orchestriertes Ballett nach dem Motto: leben und leben lassen.

Für uns Deutsche mit unserem Glauben an Regeln - und deren Einhaltung - der pure Schock, doch das System funktioniert einwandfrei. Ohne Verantwortung für das eigene Blech macht es sogar richtig Spaß. Es ist kaum Aggression dabei, dafür aber Lautstärke. Ständiges Hupen ist für alle Pflicht, aber kaum mehr als ein freundliches Zeichen "Huhu, hier bin ich". Obwohl die vierspurige Straße eine erhöhte Mittelinsel hatte und oft sechs Fahrzeuge nebeneinander fuhren, kamen ständig Pferdekarren, Dreiräder, Mopeds oder Taxis entgegen. Und es war überhaupt kein Problem. Fährt man halt drum herum. Ich möchte mir das in Deutschland nicht vorstellen.

Ich würde inzwischen sogar behaupten, dass man mit verbundenen Augen über eine belebte zehnspurige Stadtstraße gehen könnte - und unversehrt drüben ankäme. Solange die Autofahrer mich sehen und meine Bewegungen abschätzen können, werden sie ausweichen. Ich habe oft gesehen, dass Leute einfach die Hand gehoben haben und losmarschiert sind. Mein beschränkter Glaube an die eigene Unsterblichkeit hindert mich daran, es zu versuchen. Noch!
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Auf der Rückfahrt.

Für mich war das auch eine Reise in die Vergangenheit. Vor 41 Jahren sind wir mit unserem damals fast neuen Bus auf derselben Straße gefahren. Wir haben immer noch die extrem laute Fanfare von damals eingebaut. Seit ihrem Dauereinsatz hier hatte sie aber nur noch selten zu tun.

Das war meine erste längere T2-Fahrt seit Jahren. War ein geiles Gefühl. Jetzt wird es Zeit, dass ich meinen eigenen Bus wieder unter den Hintern bekomme. Nächste Woche!!!

Schöne Grüße aus dem angenehm temperierten Kairo

Wolfgang
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Rolf-Stephan Badura
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Re: Ausfahrt des T2-Clubs in Kairo

Beitrag von Rolf-Stephan Badura »

Hallo Wolfgang

und Danke für Deinen tollen Bericht... :gut:

Mist, ich muss da auch noch mal rechtzeitig hin - aber dieses Jahr ist der Norden dran :oops:

Grüße,
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