[Workshop] Radlagerwechsel

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Bini Binschki
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[Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von Bini Binschki »

Sodala zusammen, hier also der versprochene Workshop zum Thema Radlagerwechsel hinten beim T2 bis 79:


Benötigtes Werkzeug:

• 46er Schlüssel oder Nuss oder Pressluft-Schlagschrauber
• Eisenrohr als Hebelverlängerung
• Aufbock-Möglichkeit (Unterstellböcke, Hohlblocksteine mit Brett, Hebebühne, Rangierwagenheber etc.)
• M8 Innenvielzahnaufsatz oder Innen-6-Kant für Antriebswellenflansche (nachschauen, wurde beides verbaut!)
• dicker Hammer
• Kunststoffhammer
• Dorn, Durchschlag, Splinttreiber oder ähnliches
• feiner Schlitz-Schraubenzieher
• großer langer Schlitz-Schraubenzieher
• Spitzzange
• Drehmomentschlüssel
• evtl. Holzbrett
• evtl. Kunststoffplatte als Unterlage beim Lagereintreiben
• ansonsten die Werkzeug-Grundausstattung (Ratschenkasten, Schlüsselsatz etc. bla bla)

benötigte Ersatzteile:

• Radlagersatz bestehend aus: 1 x Rillenkugellager, 1 x Zylinderrollenlager, zwei Dichtringe, 1 x Seegering, 1 x Splint für Kronenmutter.
• ca. 300g Mehrzweck-Fett zum schmieren der neuen Lager. Am besten auf MOS2-Basis, da hochwertiger
• ein wenig Graphitfett


und so geht’s:

1. Vor dem Aufbocken die Kronenmutter im Stand lösen.

Tipp: Wenn diese schon lange nicht mehr geöffnet wurde und fest sitzt, sparst du dir viel Ärger und Zeit wenn du gleich in die Werkstatt fährst und dir die Kronenmutter öffnen und für die Heimfahrt provisorisch (kostet dich zwei Splinte = 2 euro) festziehen lässt. Zu Hause reicht dir dann ein billiger 46 Schlüssel evtl. mit verlängertem Hebel. Ich hab einen für 10 Euro bei ebay gekauft.

2. Jetzt aufbocken. Das Rad kannst du erstmal dran lassen, vorausgesetzt du kommst überall hin. Wenn nicht, weg damit. Mit dem feinen Schraubenzieher den Dreck aus den M8 Innenvielzahnschrauben der Antriebswellenflansche popeln.

 Bild


3. Jetzt die Schrauben mit dem M8er-Aufsatz vorsichtig lösen. Dabei die Einbaulage der Antriebswelle merken, damit sie wieder in der gewohnten Laufrichtung eingebaut wird. Mit den Schrauben vorsichtig umgehen, die gibt’s wohl nicht mehr überall.

Tipp: Falls du so wenig Bodenfreiheit hast wie ich hatte, löse die Handbremse. So kannst du dir die Schrauben so hindrehen, dass du am besten rankommst.

 Bild 


4. Jetzt die Bremse zurückstellen und am Rad ziehen, so dass es die Trommel mit samt der Radnabe abzieht. Wenn du das Rad (z.B. wegen zu geringer Bodenfreiheit) weg hast kannst du dir auch so helfen (an den Schlüsseln ziehen während ein Helfer mit dem Kunststoffhammer die Trommel von oben nach schräg außen schlägt):

Bild

Tipp: Bei mir waren die Rückstellschrauben der Bremse fest vom Rost, dennoch hat sich die Trommel abziehen lassen. Also, nicht verzagen! Falls sich die Radnabe nicht abziehen lässt, einfach gleich die Hinterradwelle (Achsstummel) nach innen mit weichem Dorn oder Ähnlichem herausklopfen.

Bild

5. Falls noch nicht geschehen jetzt den Achsstummel nach innen rausklopfen.
6. Anschließend hebelst du mit dem dicken Schraubenzieher oder Montierhebel die Dichtungsringe raus und entfernst mit einer guten Spitzzange oder Spezialzange (wie heisst das Ding?) den Seegering an der Innenseite des Lagergehäuses.

 Bild

7. Nun kann es mit dem Klopfen losgehen, aber erst noch den Innenring des Zylinderrollenlagers und die Abstandshülse rausnehmen. Zuerst klopfst du das Rillenkugellager mit einem Durchschlag oder so und dem dicken Hammer nach innen raus. Dann das Zylinderrollenlager nach außen (geht auch nach innen, wenn du so besser hinkommst).

Tipp: Merk dir die Lage des Zylinderrollenlagers, damit du das neue später nicht zu weit reinklopfst. Außerdem bietet es sich an das gesamte Radlagergehäuse abzuschrauben, spätestens dann wenn du die neuen Lager (besonders das innere) reinklopfen willst und wenig Platz unter dem Bus hast. Merk dir aber die Einbaulage der Federstrebe zum Gehäuse und Achslenker. So muss die Spur nicht neu eingestellt werden.

So sieht das ganze dann aus (leeres Gehäuse, Befestigungsschrauben, Rohr als Hebel zum öffnen der doch oft festen Schrauben):
 Bild


8. Zum Einklopfen der neuen Lager nimmst du einfach die alten zu Hilfe. Neues Lager aufsetzen, altes genau darauf, Brett druff und feste aber vorsichtig mit dem dicken Hammer bis zum Anschlag (Rillenkugellager) eintreiben. Habe zum Teil auch mit einem Splinttreiber nachgeholfen, den man aber nur am Außenring ansetzen darf! Nicht auf die Wälzkörper schlagen, sonst baust du ein kaputtes Lager ein;-(

 Bild

Tipp: Das Gehäuse auf so eine Kunststoffplatte auf den Boden stellen. So ist der Widerstand besser als im Schraubstock, wie oft empfohlen.

9. Nachdem du den Seegering und den Dichtring innen eingesetzt hast, passiert gleiches bei dem Zylinderrollenlager, allerdings geht’s hier ein bischen strenger. Und aufpassen, dass es nicht zu weit reingepresst wird, also bündig einklopfen.

 Bild
Bild: Gehäuse mit neuem Rillenkugellager und Distanzhülse

10. Geschafft! Der Rest ist Routine. Das Gehäuse mit MOS2-Fett so füllen, dass die Distanzhülse sich gerade noch einsetzen lässt. Die Hinterradwelle eintreiben und den Innenring des Zylinderrollenlagers auf diese auftreiben. Das ganze abrunden mit dem äußeren Dichtring.

11. Nun wieder alles zusammenbauen: Die Schrauben des Gehäuses werden mit 130 Nm angezogen. Die Schrauben der Antriebswellenflansche mit 35 Nm und die Kronenmutter mit 350 Nm (bis zum nächsten Splintloch weiterdrehen und neuer Splint rein).

Abschlusstipp: Es empfiehlt sich mit den Radlagern auch gleich die Bremsen zu kontrollieren, wenn schon mal die Bremstrommel etc. ab ist.

so, das wars. ich hoffe ihr könnt was damit anfangen. habe bewusst für anfänger wie mich geschrieben. wenns dennoch verständnisprobleme geben sollte bitte ich um konstruktive kritik, oder wenn noch was fehlt.

und hier noch nützliche Links:
http://www.michaelknappmann.de/bulli/mi ... frame.html (hier unter "Fahrwerk" und "Radaufhängung hinten" S.265-268)
http://forum.bulli.org/viewtopic.php?f= ... gerwechsel

griazi wohl
Zuletzt geändert von Bini Binschki am 05.02.2009 13:17, insgesamt 2-mal geändert.
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boggsermodoa
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Re: [Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von boggsermodoa »

• M8 Innenvielzahnaufsatz oder Innen-6-Kant für Kurbelwellenflansche (nachschauen, wurde beides verbaut!)
Mach keen Quatsch! :shock: Laß' die Kurbelwelle drin! :shock:
Die Zange für den Seegerring heißt übrigens Seegerringzange. Gibt's für Innen- und Außenringe und in allen Geschmacksrichtungen.
Das Radlagergehäuse habe ich deswegen aber noch nie demontiert. Aber hat ja geklappt. Und daß die Bremstrommel einfach so runterging, deutet darauf hin, daß sie noch nicht weit abgenutzt ist. Hast du das Stellrad wieder gängig bekommen?

Gratuliere zur gelungenen Operation
und schönen Dank für den Workshop! :gut:

Gruß,

Clemens
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Wolfgang T2b *354
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Re: [Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo,

gut gemacht :wein: .

Beim Überfliegen sind mir nur Kleinigkeiten aufgefallen (später werde ich alles noch mal in Ruhe durchschauen).
Bini Binschki hat geschrieben:3. Jetzt die Schrauben mit dem M8er-Aufsatz vorsichtig lösen. Dabei die Einbaulage der Antriebswelle merken, damit sie wieder in der gewohnten Laufrichtung eingebaut wird. Mit den Schrauben vorsichtig umgehen, die gibt’s wohl nicht mehr überall.
Warum sollte man die Wellen nicht vertauschen? Das Drehen um 90° auf der selben Seite bringt ja keine Änderung der Drehrichtung mit sich. Ich tausche übrigens bei Gelegenheit immer mal rechts und links, damit sie gleichmäßig verschleißen und nicht nur auf einer Seite.
Bini Binschki hat geschrieben:Merk dir die Lage des Zylinderrollenlagers, damit du das neue später nicht zu weit reinklopfst. Außerdem bietet es sich an das gesamte Radlagergehäuse abzuschrauben, spätestens dann wenn du die neuen Lager (besonders das innere) reinklopfen willst und wenig Platz unter dem Bus hast. Merk dir aber die Einbaulage der Federstrebe zum Gehäuse und Achslenker. So muss die Spur nicht neu eingestellt werden.

9. Nachdem du den Seegering und den Dichtring innen eingesetzt hast, passiert gleiches bei dem Zylinderrollenlager, allerdings geht’s hier ein bischen strenger. Und aufpassen, dass es nicht zu weit reingepresst wird, also bündig einklopfen.
Wenn ich mich richtig erinnere, müssen alle Lager an einen Anschlag. Es würde mich auch wundern, wenn ein Lager frei zu positionieren wäre, denn das macht technisch wenig Sinn. Der Längenausgleich geschieht innerhalb des Rollenlagers und nicht über den Lagersitz.

Schöne Grüße

Wolfgang
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boggsermodoa
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Re: [Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von boggsermodoa »

Warum sollte man die Wellen nicht vertauschen? Das Drehen um 90° auf der selben Seite bringt ja keine Änderung der Drehrichtung mit sich. Ich tausche übrigens bei Gelegenheit immer mal rechts und links, damit sie gleichmäßig verschleißen und nicht nur auf einer Seite.
Hallo,

das habe ich dann wohl verbockt! :oops:
Ich meinte, so was im RLF gelesen zu haben, habe beim Durchblättern gerade eben aber nichts derartiges gefunden. Pardon!
Übrigens: Hab grad gesehen, daß die Antriebswellen beim Automatikgetriebe eine andere Länge (und zwar links und rechts ungleich) haben als beim Schaltgetriebe. Irgendwer baut doch gerade auf Automatik um. Böse Falle!

Gruß,

Clemens
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Bus-Hoehle
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Re: [Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von Bus-Hoehle »

Hallo Wolfgang,

eine kleine Korrektur. Der Rillenkugellagersitz auf der Innenseite hat einen Bund. Das Lager wird also bis zum Anschlag reingetrieben. Dieses Lager führt die Welle axial. Und nur dieses Lager.

Der Walzenlagersitz außen hat keinen Bund. Das Leger wird ohne Anschlag außen bündig bis zum Lagersitz reingetrieben. Auf die Achswelle kommt eine Hülse und die läuft im Walzenlager. Dadurch hat dieses Lager keine axiale Führung. Die Abstandhülse zwischen den Lagern sorgt dafür, das die axialen Kräfte nur auf das Rillenkugellager innen gehen. Das Walzenlager nimmt nur radiale Kräfte auf.

Gruß aus Leverkusen,

Andreas*48
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Bini Binschki
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Re: [Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von Bini Binschki »

boggsermodoa hat geschrieben:
• M8 Innenvielzahnaufsatz oder Innen-6-Kant für Kurbelwellenflansche (nachschauen, wurde beides verbaut!)
Mach keen Quatsch! :shock: Laß' die Kurbelwelle drin! :shock:
sorry, ich meinte natürlich die antriebswelle.
Die Zange für den Seegerring heißt übrigens Seegerringzange. Gibt's für Innen- und Außenringe und in allen Geschmacksrichtungen.
seegeringzange! liegt nahe :yau:
Das Radlagergehäuse habe ich deswegen aber noch nie demontiert. Aber hat ja geklappt. Und daß die Bremstrommel einfach so runterging, deutet darauf hin, daß sie noch nicht weit abgenutzt ist.
ich finde da kann man besser arbeiten, aber ein bischen arbeit ist es schon die schrauben des gehäuses zu lösen und wieder anzuziehen. habe die bremstrommel aufgrund von unebenheiten dennoch ausdrehen lassen.
Hast du das Stellrad wieder gängig bekommen?
die waren so fest, dass ich mit viel rostlöser, hitze, ner dicken rohrzange und viel gewalt schließlich doch erfolg hatte! Jetzt gibts halt neue.
Bus-Hoehle hat geschrieben: Der Walzenlagersitz außen hat keinen Bund.
so ist es :gut:
Viele Grüße,
Corbinian

T2b Baujahr 1978 "taigagrün"; mit M-Plakette und neuem Radlager;-)
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Harald
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Re: [Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von Harald »

und auch von mir nen ganz dicken

:respekt:

Grüße,
Harald*393
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Wolfgang T2b *354
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Re: [Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo Andreas,
Bus-Hoehle hat geschrieben:Der Walzenlagersitz außen hat keinen Bund. Das Leger wird ohne Anschlag außen bündig bis zum Lagersitz reingetrieben. Auf die Achswelle kommt eine Hülse und die läuft im Walzenlager. Dadurch hat dieses Lager keine axiale Führung. Die Abstandhülse zwischen den Lagern sorgt dafür, das die axialen Kräfte nur auf das Rillenkugellager innen gehen. Das Walzenlager nimmt nur radiale Kräfte auf.
dann habe ich das wohl falsch in Erinnerung, ist auch schon ein paar Jahre her seit dem letzten Wechsel. Nachdem ich unsicher geworden war, habe ich noch mal im RLF nachgeschaut. Da steht allerdings der seltsame Satz "Außenring des Zylinderrollenlagers einpressen bis auf Anschlag" :confused: :confused:. Vielleicht hat VW unterschiedliche Konstruktionen eingesetzt? Na ja, ist ja auch nicht soooo wichtig.

Cheerio

Wolfgang
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Bini Binschki
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Re: [Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von Bini Binschki »

Wolfgang T2b *354 hat geschrieben: Da steht allerdings der seltsame Satz "Außenring des Zylinderrollenlagers einpressen bis auf Anschlag" :confused: :confused:. Vielleicht hat VW unterschiedliche Konstruktionen eingesetzt?
ich persönlich meine, dass damit der Anschlag des VW-Eindrückers gemeint ist, der ja so konstruiert sein wird, dass man das Lager nur richtig einsetzen kann! :stupid:
Viele Grüße,
Corbinian

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honz
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Re: [Workshop] Radlagerwechsel

Beitrag von honz »

Danke für den Verständlichen Workshop!!!!

Jetzt weiß ich auch wo ich nachschaue, wenn das auf mich zukommt!!

mfg Peter
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