Da das mit dem Zündzeitpunkt ja eigentlich einfach ist, aber auf der anderen Seite durch Absolute und Relative Werte doch anscheinend immer wieder zur Verwirrung kommt versuche ich es einmal zu erklären.
Erst einmal allgemein, warum wir eine Zündverstellung überhaupt brauchen:
Der
Zündzeitpunkt hängt im wesentlichen von den Größen „
Drehzahl“ und „
Last“ ab.
Die
Abhängigkeit der
Drehzahl rührt daher, dass die Durchbrennzeit des Gemisches bei konstanter Füllung und gleichbleibendem Luft-Kraftstoff-Verhältnis konstant ist und deshalb mit steigender Drehzahl immer früher gezündet werden muss.
Die
Abhängigkeit von der
Last wird durch Abmagerung bei niedrigen Lasten, den Restgasgehalt und die geringere Füllung des Zylinders beeinflusst. Dieser Einfluss bewirkt einen größeren Zündverzug und niedrige Brenngeschwindigkeiten im Gemisch, so dass der Zündwinkel nach früh verstellt werden muss.
Das Verhalten der Zündung in Abhängigkeit von Drehzahl und Last ist in der Verstellfunktion eingearbeitet. Die Verstellung besteht bei uns aus zwei Fliehkraftgewichten und einer Unterdruckdose.
Der Unterdruck ist ein Maß für die Last des Motors.
Jetzt erst einmal zu den Daten, die man im Reparaturleitfaden oder wo auch immer gefunden hat.
VW gibt z.B. für den Verteiler 022 905 205S (Typ4 Motor) folgende Werte an:
Um es nicht noch komplizierter zu machen, nehme ich jetzt mal immer nur die Mittelwerte und lasse die Toleranzen weg.
Grundeinstellung: 7,5° vor OT bei 875 1/min
Das ist die Grundeinstellung die man im Leerlauf vornimmt.
I. Fliehkraftverstellung messbar bei abgezogenem Unterdruckschlauch. (Drehzahlkomponente)
Fliehkraftverstellung Beginn: 1100 1/min
1600 1/min: 11,5° Fliehkraftverstellung
Das heißt, das bei 1600 1/min der Zündzeitpunkt um (nicht auf!) 11,5° Richtung Früh verschoben wird. Und wir haben nun 11,5° + 7,5° = 19° Frühzündung.
3400 1/min: 23°Fliehkraftverstellung
Das heißt, das bei 3400 1/min der Zündzeitpunkt um (nicht auf!) 23° Richtung Früh verschoben wird. Und wir haben nun 23° + 7,5° = 30,5° Frühzündung.
II. Unterdruckverstellung messbar mit aufgestecktem Unterdruckschlauch
Unterdruckverstellung Beginn: 127mbar = -12,7kpa
Unterdruckverstellung Ende: 266mbar = 26,6kpa 10°Verstellung Richtung Früh
Diese 10° werden nun auf die Drehzahlabhängigen Werte addiert:
1600 1/min: 7,5° + 11,5° + 10° = 29° Frühverstellung bei Teillast
3400 1/min 7,5° + 23° + 10° = 40,5° Frühverstellung bei Teillast
Die Unterdruckverstellung ist immer relativ zum jeweiligen Umgebungsdruck. Ich hatte ja oben geschrieben, das die Motorlast bei unseren Verteilern ja anhand des Unterdrucks ermittelt wird.
Nun zur Höhenabhängigkeit:
Auf null Meter haben wir einen Umgebungsdruck von ca. 100kpa.
Der Verteiler regelt also die kompletten 10° Frühverstellung bei einem Druck von 73,4 kpa aus.
(100kpa-26,6kpa= 73,4)
Auf 2500 Höhe haben wir einen Umgebungsdruck von ca. 73,5 kpa.
Der Verteiler regelt also die kompletten 10° Frühverstellung bei einem Druck von 46,9 kpa aus.
(73,5kpa-26,6kpa=46,9)
Was man hier klar erkennt ist, das unsere mechanischen Verteiler sozusagen wissen auf welcher Höhe wir uns befinden und die Motorlast dementsprechend immer relativ zum Umgebungsdruck erfassen und Regeln.
Und jetzt kommen wir zu dem Problem des 123 Verteilers. Der weiß nicht, auf welcher Höhe wir uns befinden.
Dieser Verteiler regelt die Frühverstellung immer nach dem Absolut herrschendem Unterdruck.
Und das ist fatal, da nun die Lastabhängigkeit ab einer gewissen Höhe gar nicht mehr erfasst wird.
Der Motor permanent die 10° Frühverstellung ertragen muss.
Und bei Höhenluft fettet ein Vergasersystem sogar noch an, sprich das Gemisch ist fetter und zündet eigentlich schneller und der Zündzeitpunkt müsste sogar Richtung Spät wandern, auf keinen Fall nach Früh.
Hier einmal ein Bild aus einer Bosch Anleitung:
Wenn wir nun zu früh zünden, kommt es zu einer klopfenden Verbrennung.
Dadurch steigt der Druck im Motor deutlich an, und es kann zu kapitalen Motorschäden kommen.
Das Problem ist lösbar, wenn man in dem 123 Verteiler den Unterdrucksensor gegen einen Relativdrucksensor tauscht.
Und jetzt mal ganz ehrlich, ich habe ein paar mal gehört, dass man dann ja einfach die Kurve anpassen kann.
Stimmt, das könnte man machen. Ich würde schätzen, das man das dann alle 500 Höhenmeter anpassen sollte, damit der Verteiler noch innerhalb der Toleranzen des mechanischen Verteilers liegt.
Wer von euch hat denn ein Barometer im Cockpit und hat das jemals gemacht?
So, das hat mich gerade über eine Stunde meiner Freizeit gekostet
Ich kann doch auch nix dafür, das es in Holland keine Berge gibt