Hallo Dirk,
mit der Hand am Arm kann man eine Ventilführung durchaus in Eigenregie wechseln, aber es erfordert doch einiges an Aufwand und Gerät. Das ganz große Geschütz, mit Wärmeofen und Flüssigstickstoff braucht man jedoch nicht aufzufahren. Das braucht man eher für die Sitzringe - und deren Austausch sollte man in jedem Fall einer Fachwerkstatt überlassen.
Die alte Führung wird zur Brennraumseite hin ausgetrieben. Zuvor empfiehlt es sich, dafür die Führung aufzubohren, um etwas Druck von der Preßpassung zu nehmen und damit die Bohrung im Kopf zu schonen. Ein Maß habe ich dafür leider nicht gefunden, aber mal angenommen, die Führung hat 13mm Außendurchmesser, dann würde ich sie auf 10mm aufbohren. Austreiben dann mit einem passend gedrehten Dorn.
Die neue Führung sollte 0,04mm Übermaß (Erfahrungswert) gegenüber der Bohrung haben - und falls die Bohrung beschädigt ist, muß diese zuerst aufgerieben und die Führung dann passend gedreht werden. Zum Eintreiben genügt es, den Kopf auf einer elektrischen Heizplatte auf etwa 120 - 150°C zu erwärmen. Dann die Führung möglichst zügig von der Kipphebelseite aus einschlagen oder einpressen. Einschlagen selbstverständlich auch wieder nur mit einem passend gedrehten Dorn.
Der Innendurchmesser der Führung kann erst in eingepreßtem Zustand hergestellt werden, weil
- sich die Bohrung je nach Preßpassung eingeschnürt hat
- die Bohrung kipphebelseitig durch's Einschlagen /-pressen gestaucht sein könnte
- die Bohrung durch durch Materialverzug des Kopfes krumm geworden sein könnte.
Und da fangen nun die Feinheiten an: Beim Auto begnügt man sich i.d.R. mit simplem Aufreiben auf H7. Bei Motorrädern, wo ja der Motor akustisch viel präsenter und die Anforderungen insgesamt höher sind, geht man lieber auf H6, was mit einer Reibahle schon ziemlich grenzwertig wird. Außerdem laufen Reibahlen auch gerne mal einer krummen Bohrung nach, weswegen mal lieber ausspindelt oder - ganz archaisch - zunächst mal einen Kanonenbohrer hindurch schickt und anschließend auf Maß hont oder läppt. Dann haftet das Öl auch besser.
Falls (z.B. wg. "Kanalarbeiten") das nackte Ende der Führung nun schräg in einen Auslaßkanal ragt, dann wird sie in diesem Bereich zunächst um zwei Zehntel aufgebohrt,
bevor der Innendurchmesser auf Maß gebracht wird. Dabei so tief bohren, bis der verbleibende Führungsdurchmesser allseitig vom Kopfmaterial umgeben ist. Das deswegen, weil der schräge Anschnitt die Führung andernfalls unweigerlich krumm zieht.
Schlußendlich muß die Konzentrizität zwischen Führung und Sitzring wieder hergestellt werden und da ist es i.d.R. nicht mit einem Neueinschleifen des Ventils getan. Stattdessen muß der Sitzring neu gefräst werden - und das ist bei gelaufenen Ringen auch kein Zuckerschlecken.
ulme*326 hat geschrieben: Fazit&Empfehlung: Machen lassen. Gut angelegtes Geld.
http://www.ahnendorp.com/info/Ueber-uns.html
Gruß,
Clemens
PS:
Wie ich Uli kennengelernt habe
Die Türglocke bimmelt, als ich den Laden betrete, den ich nach einiger Suche in einem Frankfurter Hinterhof gefunden habe. Draußen kühlt knisternd meine R75/5 auf dem Seitenständer ab, für die ich ein paar Teile brauche, die ich hier zu finden hoffe. Im Laden stehen ein paar alte Motorräder rum, ein Tresen, Regale, aber keiner da. Stattdessen eine Stimme aus dem Hintergrund: "Hallo! Komm mal rum!" Hmm, na gut! Außer mir ist niemand da, der gemeint sein könnte. Ich geh nach hinten. Ein dunkler Flur mündet in einen dunklen Flur, in dem irgendwo eine Tür halboffen steht, aus der geschäftiges Werkeln zu vernehmen ist. Ich trete ein. "Da, nimm mal die Handschuhe! Kannst du grad mal festhalten?" Ich peile die Lage sofort, schnappe mir die Handschuhe und presse den heißen Zylinderkopf auf die Werkbank, während die Gestalt mit kräftigen Hammerschlägen eine neue Ventilführung eintreibt. "Moin! Ich bin Uli." stellt er sich vor, nachdem das geschafft ist. "Clemens" erwiedere ich und reiche ihm die Hand. Das war unsere erste Begegnung und mir war sofort klar, daß ich hier und nirgendwo anders künftig meine Ersatzteile beziehen würde, um mit klammem, studentischem Budget mein Kuh am Leben zu erhalten.
Vor ein paar Jahren habe ich ihn nochmal besucht. Mußte mich tatsächlich erneut vorstellen, aber dann war alles wie früher.
