Africa calling

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Wolfgang T2b *354
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Africa calling

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo allerseits,

nachdem ich vor ein paar Monaten in einem anderen Thread schon auf der Verlustliste stand und Clemens freundlicherweise darauf hingewiesen hat, dass wir damals ein wenig bewegungsunfähig waren, wollte ich mich jetzt bei Euch zurückmelden.

Kein Hilferuf, keine Probleme, just Hello.

Wir sind mittlerweile wieder heile in Windhoek/Namibia eingetroffen (sozusagen in unserem zweiten Zuhause). Auch dem Bus geht es den Umständen entsprechend gut. Will sagen, keine größeren Schäden. Nur viele kleinere. Dieses Mal war es für den armen Kerl auch eine ganz schöne Tortur, speziell oben an der kenianisch-äthiopischen Grenze war es – wie passend – grenzwertig. Da durften wir an manchen Tagen das volle Programm genießen: im Lavaschotter die Reifen zerschnippeln, Achterbahn durch die Dünen, knietiefe Flüsse und immer wieder Matsch. Es war ja Regenzeit. Es ist jedes Mal verblüffend, was unsere Busse (fast) problemlos wegstecken. Wir waren weit und breit sicher der einzige Wagen ohne Allrad, sind aber, bis auf das oben erwähnte eine Mal, nie stecken geblieben. Dafür in diesem Loch aber gleich 23 Stunden.

Die härtesten 2000 km verliefen ohne eine einzige Panne. Keine Schraube locker, kein Plattfuß, nix. Danach waren es ein paar mehr, wir hatten aber niemals ernsthafte Probleme oder mussten Werkstatthilfe in Anspruch nehmen. Das größte Problem hatten wir hier in Windhoek, als mir im Berufsverkehr plötzlich die komplette Zündanlage ausfiel (zu hohe Übergangswiderstände an einem Schaltkontakt). Na ja, das eigentliche Problem hatten die Autos hinter mir, denn ich kam nicht einmal mehr an den Straßenrand, weil es stramm bergan ging und der Anlasser das nicht schaffte. Auch rückwärts ging es nicht, da standen sie ja alle dicht an dicht und warteten auf die Lücke im Gegenverkehr.

Ansonsten sieht die Schadensbilanz nach 12.000 km recht akzeptabel aus: beide Stoßstangen onduliert (über Nacht ist eine 15m-Palme hinter unserem Auto gewachsen und vorne musste ich es unbedingt mit einer Sanddüne aufnehmen), sechs platte Reifen, alle vier Gleichlaufgelenke hatten an Steigungen schweres Rheuma, die Vorderachse hat geknarrt, als hätte sie jahrelang kein Fett gesehen (es waren die Stoßdämpferbefestigungen), ein zurückschnellendes Seil beim Abschleppen hat ein großes D in unsere Motorklappe gestanzt, beide großen Gummipuffer der Hinterachse hat’s erwischt (einer zerrissen, einer weggeflogen, aber wir haben neben der Straße aus einem Wrack zwei brauchbare bergen können). Das war’s auch schon. Die meisten Wehwehchen konnten wir bereits unterwegs kurieren, der Rest kommt jetzt in Windhoek dran.

Der Spritverbrauch lag im Durchschnitt bei 10-11 Litern, was ich unter den gegebenen Umständen für ganz ok halte. Normalerweise haben wir für 1500 km Sprit dabei, doch auf den schweren Strecken hat er über 16 Liter geschluckt, so dass wir zwei Mal mit dem letzten Tropfen bis an die nächste Tankstelle gekommen sind.

Ein paar gute Erfahrungen möchte ich Euch nicht vorenthalten.

Wir hatten jahrelang sporadisch Ärger mit dem Anlasser, der einfach nicht richtig einrücken wollte. Alle Reparaturversuche und Austauschteile waren nur von vorübergehendem Erfolg und das Beil lag als Argumentationshilfe immer griffbereit unterm Fahrersitz. Dann habe ich auf Daniels und anderer Rat hin ein Relais davor geschaltet und gleich noch eine Streifensicherung dazu. Und, was soll ich sagen: perfekt! Wenn ich jetzt nur mit dem Zündschlüssel klappere, steht der Anlasser schon in Hab-Acht-Stellung. Die Teile sitzen in einer wasserdichten Box direkt am Anlasser und im Störungsfall kann ich das Ganze in drei Minuten wieder auf den Standard zurückrüsten. Unser Zündschloss ist dankbar, dass es jetzt viel weniger Strom schalten muss und auch unser Beil freut sich, dass es nur noch zum Holzhacken gebraucht wird.

Das hätte ich schon eher machen sollen. 37 Jahre gehen an den inneren Widerständen der Kabel halt nicht spurlos vorüber.

Eine zweite Sache: ich habe zwei Halogen-Zusatzscheinwerfer durch LED-Arbeitsscheinwerfer ersetzt. Keine Ahnung, ob das in Deutschland zulässig ist, aber seitdem haben wir brutal helles Licht im Busch. Vorher hatten wir zusammen 110W-Halogen, jetzt nur noch ein Drittel an Leistung, dafür aber drei Mal so viel Licht. Das ist wie der Umstieg von Kerzen auf elektrisches Licht. Unser Generator und die Batterien finden das auch gut.

Und noch ein letztes Thema: unsere Deckenverkleidung im Motorraum war fix und fertig. Jedes Mal, wenn ich dagegen stieß, rieselte der Dreck heraus und die originale Hartfaserplatte hatte in den vergangenen 37 Jahren der Schwerkraft nachgegeben. Ich habe lange überlegt, ob ich wieder eine Hartfaserplatte einbaue, habe mich dann aber doch für ein Alu-Lochblech entschieden. Und da ich sowieso alles draußen hatte, auch gleich für eine moderne Isolierung - geschlossenzelliger Schaum, wie er in Yachten und Flugzeugen verwendet wird. Anderes Zeug konnte ich nämlich in Kenya nicht auftreiben. Seitdem fehlt die Fußheizung, wenn wir abends ins Bett gehen und ich habe (subjektiv!) den Eindruck, dass der Wagen leiser geworden ist. Doch der für uns wesentlichste Vorteil: das alles ist wasserfest. Wenn mal wieder der Staub rieselt, dann schafft der Kärcher klare Verhältnisse.

Uuups, ich wollt‘ ja bloß kurz Hallo sagen. Ist doch ein wenig länger geworden.

Also: Halloooo…

und schöne Grüße

Wolfgang
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Polle
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Re: AW: Africa calling

Beitrag von Polle »

Na endlich.
Hallöle zurück.

Ich freu mich jedes mal aufs neue auf deine Afrikaberichte.
Gerade um diese Jahreszeit.
Meinetwegen kannst du da so ausschweifend schreiben, wie nur möglich. Ich neige meist dazu, mich mit nem Heißgetränk hinzusetzen und zu lesen. Und irgendwie isses dabei total egal, ob über spontanen Palmenwuchs berichtet wird oder um n Ersatzteil von nem 1er Golf.

Also lass öfters mal was von dir hören und lass uns wenigstens literarisch teilhaben.

Gruß ausm kalten Berliner Umland.
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Rolf-Stephan Badura
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Re: Africa calling

Beitrag von Rolf-Stephan Badura »

Klasse Bericht... freue mich immer von Dir zu lesen... :gut:

Erleichtern den blöden Winter und machen auch Mut für unsere nächsten "kleinen" Reisen :wink:

Grüße aus Berlin,
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MichaB
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Re: Africa calling

Beitrag von MichaB »

Hallo Wolfgang

Schön von Dir zu hören.
Und nein, natürlich beschleicht mich kein Neid :evil:

Wir Hamsterrad-Betreiber können ja leider nicht mithalten :-)

Aber eines gibt es zu vermelden, am Wochenende geht hier der Frühling los.
Die Bullis dürfen wieder raus in die freie Wildbahn.
Die Saison geht wieder los. (Der Klimawandel hat auch seine guten Seiten :-) )

#micha#
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Risiken und Nebenwirkungen sind nicht generell auszuschließen.

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Wolfgang T2b *354
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Re: Africa calling

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

N’Abend,

ich war ein paar Tage aus dem Verkehr gezogen. Erst hat’s geregnet (da geht kein Wifi, keine Ahnung, warum nicht, ist aber oft so) und dann habe ich mir die Augen „verblitzt“. Ich habe allerdings nicht geschweißt, sondern einen Tag lang mit dem Dremel geschliffen. Es hat sich abends exakt so angefühlt wie Verblitzen beim Schweißen (ich hatte das Vergnügen erst vor einem halben Jahr). Doch ich kann mir nicht vorstellen, dass die Schleiffunken UV-Licht ausstrahlen. Oder weiß jemand 'was Genaueres? Ich vermute, dass es eher der Schleifstaub war, also Augen verstaubt. Jedenfalls war es nach zwei Tagen wieder vorbei.

Im letzten Post hatte ich geschrieben: keine Probleme. Jetzt habe ich doch eins, zumindest eine technische Frage. Es geht um die Spurstangen. Ich fahre zurzeit mit zwei festen Spurstangen herum, die verstellbare ist defekt. Meine Achsgeometrie ist ohnehin völlig daneben und muss eingestellt werden, wenn alles repariert ist. Normalerweise sitzt meine verstellbare rechts, da ist jetzt aber eine neue feste drin. Kann ich meine verstellbare, wenn ich sie repariert habe, einfach auf die linke Seite setzen, denn dann hätte ich mit wenig Aufwand gleich beide erneuert, oder muss die verstellbare unbedingt wieder nach rechts? Mir ist kein Grund eingefallen, warum das nicht gehen sollte. Oder habe ich etwas übersehen?

Gestern hatte ich übrigens ein Erlebnis wie Weihnachten und Ostern an einem Tag. Ich bin stundenlang in einem alten VW-Ersatzteil-Lager herumgekrochen, wo seit Jahrzehnten unberührt Teile von luftgekühlten VWs lagern. Kistenweise. Meist Käfer, aber auch vieles vom Bus. Leider kann ich das Zeug aus Gewichtsgründen nicht nach Deutschland mitnehmen und in meinem Container hier in Windhoek ist auch nicht mehr viel Platz. Doch an einer neuen original VW-Stoßstange hinten (meine hatte mir ja eine Palme onduliert) und zwei nagelneuen Heizbirnen konnte ich nicht vorbei gehen. Und an einem großen Haufen Kleinteilen. Aber leider fand ich nur eine einzige Spurstange…

Schöne Grüße aus dem Teileparadies,

Wolfgang
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Norbert*848b
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Re: Africa calling

Beitrag von Norbert*848b »

Hallo Wolfgang,
Wolfgang T2b *354 hat geschrieben:Erst hat’s geregnet (da geht kein Wifi, keine Ahnung, warum nicht, ist aber oft so)
... ja, so ist das in Afrika eben allgemein üblich. Kein Glasfaser sondern nur Richtfunk und dann ohne bzw. nur geringe Reserven (FM-Schwelle zu knapp bemessen wegen der Kosten). Regen verursacht nun einmal eine zusätzliche Dämpfung im Funkfeld und dann bricht halt alles zusammen. :cry:
Wolfgang T2b *354 hat geschrieben:Kann ich meine verstellbare, wenn ich sie repariert habe, einfach auf die linke Seite setzen...

Da spricht eigentlich nichts dagegen, konnte auch nichts Gegenteiliges in der einschlägigen Literatur finden. Bei den ersten T2's saß die einstellbare ohnehin links. Dann irgendwann kam sie rechts zum Einsatz. Habe dunkel in Erinnerung, dass das produktions/ bzw. fertigungstechnische Gründe gehabt haben soll. Musst mal sehen, ob Du dann noch mit der Einstellung der Lenkschubstange / Mittelstellung Lenkrad hinkommst. By the way, der Spurstangenkopf mit Rechtsgewinde sitzt immer außen. Eine Begründung dafür kann ich nicht liefern. Es ist halt eben so. :wink:
Wolfgang T2b *354 hat geschrieben:Ich bin stundenlang in einem alten VW-Ersatzteil-Lager herumgekrochen, wo seit Jahrzehnten unberührt Teile von luftgekühlten VWs lagern.
... und Fotos gemacht? Das wäre vielleicht etwas für VW Classic Parts, die kaufen soetwas gern zurück wie schon oft geschehen. Ich erinnere mich noch (schmerzhaft) daran, dass plötzlich wieder NOS Kotflügel bei CP (aus Syrien) auftauchten, auf als ich meinen alten TYP 3 gerade in Rente geschickt hatte. :?
Freundliche Grüße aus Algermissen

Norbert

Hab hin und wieder "Versager" und "Verzweifler" im reviedierten Zustand für den 50 PS Bus-Motor anzubieten.
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Wolfgang T2b *354
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Re: Africa calling

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo Norbert,

danke für Deine schnelle Antwort.

Das mit dem Richtfunk ist gewiss richtig, vor allem in den dünn besiedelten Ländern ist das ein Problem. Aber unterschätz‘ mir meine Afrikaner nicht. Die verbuddeln hier kilometerweise Glasfaser, allerdings nicht wegen der Bandbreite oder der Wettersicherheit, sondern weil Glasfaser nicht geklaut wird. Da ist ja kein Kupfer drin. Gerade gestern bin ich an einem umgelegten Ampelmast vorbeigekommen. Später wurde mir erzählt, dass Diebe den mit ‘nem Lkw umgefahren haben und dann das Kabel mit dem Laster aus dem Boden gezogen haben. 20m Kupferkabel geklaut, dafür kaum mehr als eine Kiste Bier gekriegt und einen Riesenschaden angerichtet. Manchmal kann man wirklich nur den Kopf schütteln :stupid:.

Die Spurstangen werde ich also vertauschen. Dass mit der Mittelstellung ist kein Problem, sind ja beide gleich lang. Und mit den beiden festen, die ich gerade drinnen habe, klappt es ja gut, also sollte es mit der verstellbaren auch passen.

Das Rechtsgewinde außen finde ich auch seltsam. Werde mal fahnden, was es damit auf sich hat. Aber ich fahre ja immer auf der falschen Seite, da muss es dann sicher nach innen :wink:.

Nein, Fotos von dem Teilelager habe ich nicht gemacht. Nach 6 Stunden Wühlerei war ich einfach nur noch platt. Ob die Teile tatsächlich an Classic Parts gehen und zu Apothekenpreisen weiterverkauft werden sollten, weiß ich nicht. SchmiLo hat mal versucht, hier einen ganzen Container voll abzustauben, war ihm dann aber doch zu viel Aufwand. Ein bisschen was muss ja auch hier bleiben, denn ich habe in den nächsten Jahren sicher noch Bedarf für das eine oder andere Schätzchen :lol:. Ich ärgere mich ohnehin, dass ich vor ein paar Jahren neue Radlagergehäuse und neue Bremsankerplatten im Flugzeug mitgenommen habe. Hier hatte ich sie leichter und billiger gekriegt.

Schöne Grüße aus’m Süden (auch an Deine Nachbarn)

Wolfgang
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Matthias S.
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Re: Africa calling

Beitrag von Matthias S. »

Wolfgang T2b *354 hat geschrieben: Das Rechtsgewinde außen finde ich auch seltsam. Werde mal fahnden, was es damit auf sich hat.
Vielleicht um bei allen Fahrzeugen eine einheitliche Drehrichtung beim Spureinstellen zu haben?

Ansonsten: Schön, wieder was aus Afrika zu lesen. Hab auch öfters auf deine HP geschaut- echt spannend.

Grüße, Matthias
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Wolfgang T2b *354
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Re: Africa calling

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo Matthias,
Matthias S. hat geschrieben:Vielleicht um bei allen Fahrzeugen eine einheitliche Drehrichtung beim Spureinstellen zu haben?
Jau, das könnte tatsächlich ein Grund sein. Allerdings müsste dann das Rechtsgewinde immer rechts sitzen und nicht außen. Doch vielleicht lautet die Verabredung: rechte Spurstange wird in der einen Richtung gedreht, linke in der anderen. Oder so. Jedenfalls fällt mir nichts technisch Zwingendes ein, also werde ich das Rechtsgewinde nach links außen setzen.

Die alten Kugelköpfe habe ich inzwischen erfolgreich aus der Spurstange herausoperiert. Mann, war das eine Quälerei :wall:. Mit zwei Leuten und schwerem Werkzeug. Und mit ein bisschen Fett flutschen die neuen jetzt butterweich rein. Hat sich die Wühlerei im Lager doch gelohnt.

Schöne Grüße bei 32°

Wolfgang
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