Hallo Johannes,Heißt das, dass die Kombination umklappbare Rückbank / Dreipunktgurte mit Kindersitz grundsätzlich nicht taugt?
das ist eine Frage des Maßstabs. Geh mal beruhigt davon aus, daß ein serienmäßiger T2 mit serienmäßigem Gestühl nach heutigen Maßstäben keinen einzigen seiner neun Sitzplätze mehr zugelassen bekäme. M.W. werden die Gurtzugpunkte heute mit bis zu 28 kN, also der Gewichtskraft von 2,8t geprüft. Das schafft kein altes Auto und stellt auch Neukonstruktionen vor erhebliche Probleme. Wenn wir mal außer Acht lassen, daß die Massenkraft des nach vorne schleudernden Körpers bei einer Frontalkollision auf zwei oder drei Gurtzugpunkte verteilt wird, dann scheinen die wohl mit einer Beschleunigung von 30 g (30fache Erdbeschleunigung) zu rechnen. Und das ist ja mal 'ne Nummer, an der wir uns orientieren können. Und zwar bei allem, was wir im Bus so bauen oder transportieren! In letzter Konsequenz müßten wir dann aber grundsätzlich alles an den Hauptholmen oder am Hinterachsrohr befestigen.
Stell dir also bei jeder Konservendose, die du in irgend ein Schränkchen räumst, jedem Sixpack und jeder Werkzeugkiste, deren Eigengewicht multipliziert mit 30 vor, und überlege, ob die Schrankwände und -türen in und gegen die Fahrtrichtung dieser Belastung gewachsen wären. Da wirst du recht schnell zu ernüchternden Ergebnissen kommen. Wenn ich eine Propangasflasche, eine Werkzeugkiste oder das Vorzeltgestänge in der hinteren Sitztruhe transportiere, dann zurre ich die/das grundsätzlich - aus obigen Überlegungen - am Truhenboden in dort eigens angebrachten Zurrösen fest. Zurrösen finden sich außerdem an der (freigeräumten) Trennwand hinter dem Beifahrersitz, und keine Kiste Bier tritt die 2km-Reise vom Supermarkt nach Hause an, ohne dort festgezurrt zu werden. Es wird auch grundsätzlich nix Schweres auf dem Motorraum transportiert, aber all die Rucksäcke und Reisetaschen, die sich dort normalerweise ansammeln, sind eigentlich auch schon unvertretbar. Mit Kind auf dem Rücksitz kommt das so für mich künftig nicht mehr in Frage.
Die Rücksitzbank von Westfalia, die sich ja ähnlich auch in vielen anderen Ausbauten findet, ist aus vielerlei Gründen nach heutigen Maßstäben für den Personentransport eigentlich indiskutabel. Man kann sie jedoch mit vergleichsweise wenig Aufwand erheblich verbessern:
1) Dafür sorgen, daß die Vorderwand bei einer Kollision am Platz bleibt.
- Unterkante über die gesamte Breite mit der Bodenplatte verbinden. Z.B. mit einem Alu-Winkelprofil und vielen Senkkopfschrauben.
- Oberkante verstärken, z.B. mir übergestülptem und verschraubtem U-Profil. (War bei meinem nicht mehr original. Ich könnte mir vorstellen, daß das bei der Originalbank bereits vorhanden war.)
- Frontklappe eliminieren oder dauerhaft verschließen oder Zuhaltung verstärken oder Truheninhalt festzurren.
2) Dafür sorgen, daß der Truhendeckel bei einer Kollision geschlossen bleibt. Von Reimo gibt's/gab's da mal einen besonderen Beschlag dafür, es tut aber auch ein sinnvoll angebrachter Kistenverschluß aus dem Baumarkt o.ä. Wenn man das tut, kann man auch gleich unter der Vorderkante der Sitzfläche ein Vierkantholz o.ä. anbringen, das bei geschlossener Truhe formschlüssig vor der Oberkante der Vorderwand sitzt. Die ist damit krisensicher stabilisiert.
Die Mitnahme eines Kindes wäre m.E. nach diesen Maßnahmen bereits verantwortbar,
- wenn es in einem Kindersitz transportiert wird, der aus einem steifen Winkel als Unterkonstruktion besteht, der über einen Dreipunktgurt (möglichst ohne Aufrollautomat) an den originalen Gurtzugpunkten befestigt ist.
- wenn das Kind mit einem Rückhaltesystem gesichert ist, das an o.g. Unterkonstruktion befestigt ist.
Wenn das Kind solchen Konstruktionen entwachsen ist oder wenn Erwachsene auf der Rücksitzbank transportiert werden sollen, dann muß auch die Rückenlehne stabilisiert werden. Das geschah oben durch den Dreipunktgurt samt Unterbau des Kindersitzes, und man kann wohl annehmen, daß so auch zuverlässig eventuelle Gepäckstücke zurückgehalten werden, die auf dem Motorraum transportiert werden. Das ist jetzt jedoch keine Option mehr, da diese zusätzlichen Gurtkräfte nun auf den Passagier wirken würden. M.E. wird's jetzt allmählich wirklich peinlich, und das Beste wäre wohl, diese blöde Bank zu entsorgen und durch was Gescheites zu ersetzen. Bevor man darüber nachdenkt, wie sich ein stabiles Vierkantrohr hinter der Oberkante der Lehne seitlich an der Karosserie befestigen läßt, sollte man vielleicht eher über eine stabile Plane oder ein Gepäcknetz grübeln, das auf dem Motorraum seitlich unter den hinteren Seitenscheiben und entlang der Rückenlehne eingehängt wird. Das könnte dem Vorwärtsdrang schon mal Einhalt gebieten. Dann bräuchte man jedoch noch was gegen den Rückwärtsdrang bei einer Heckkollision, was jedoch mit einer Abspannung der Lehne seitlich nach vorne an die Karosserie nicht unlösbar wäre. Mit etwas Geschick ließen sich da sicher Befestigungspunkte finden, welche die Bank ausklappbar erhalten, ohne daß die Abspannung gelöst werden müßte. Aber dann fehlen immer noch die Nackenstützen.
Ab einer gewissen Körpergröße ist lt. Gesetz nur noch eine Sitzerhöhung für Kinder vorgeschrieben. Die soll dafür sorgen, daß der Schultergurt unter einem vernünftigen Winkel über's Schlüsselbein führt. Sonst nix! Der hintere obere Gurtbefestigungspunkt ist beim T2 jedoch derart tief angebracht, daß mit solch einem Sitzkissen die gleichen blödsinnigen Winkel entstünden, wie bei einem Erwachsenen, während ohne das Sitzkissen alles in Ordnung wäre. Mehr sage ich dazu nicht! Der Gesetzgeber verbietet außerdem die Mitnahme von Kindern auf dem Beifahrersitz, wenn in dem Fahrzeug eine freie Rücksitzbank vorhanden ist. Verglichen mit allem, was man hinten erreichen kann, sitzt das Kind jedoch auf dem Beifahrersitz so sicher, wie in Abrahams Schoß - wenn denn ein gescheiter Sitz vorhanden ist. Die meisten geben sich hier große Mühe, die originalen Vordersitze möglichst originalgetreu zu erhalten oder zu restaurieren. Ich habe meine rausgeschmissen - und zwar so weit, wie ich konnte - und übrigens als erste Maßnahme nach dem Kauf des Autos.
Noch kurz zu Gurten: Am wohlsten habe ich mich - zumindest im Originalgestühl - immer in starren Dreipunktgurten gefühlt. Damit konnte man sich in den Sitz spannen, bis das Atmen schwer wurde und der dritte Gang nur noch mit Mühe zu erreichen war. Aber so konnte man sich bei kurvigem oder holperigem Geläuf wenigstens dem Fahren widmen und war nicht mehr vollauf damit beschäftigt, im Sattel zu bleiben. Auf der Autobahn konnte man ihn ja etwas lockern und um im Handschuhfach rumzukramen, mußte man ihn halt mal kurz öffnen. Ob starre Gurte heute überhaupt noch erhältlich sind, weiß ich garnicht. Automatikgurte haben zwei unabhängige Mechanismen, um den Wickelautomat zu blockieren: 1. eine Fliehkraftkupplung und 2. ein Gewicht (Kugel), das auf Beschleunigungen in der Längs-Quer-Ebene reagiert. Es gibt/gab auch welche, die nur diesen Fliehkraftmechanismus besaßen (erkennbar an der kleinen Baugröße und dem geringen Gewicht des Aufrollautomates. Diese sind mir suspekt. Bei den anderen ist es wichtig, daß der Wickelautomat zumindest halbwegs senkrecht montiert wird, weil andernfalls dieses Beschleunigungsgewicht seine Aufgabe nicht erfüllen kann. Wenn es z.B. schräg nach hinten geneigt eingebaut wird, wird es bei Frontalkollisionen später, bei Heckkolllisionen früher ansprechen.
Um Gurtzugpunkte nachzurüsten gibt es im Handel entsprechende Gewindemuttern, aufgeschweißt auf einem 3mm Blech, an dem sich meist noch ein Stück Schweißdraht befindet, um das Ganze in irgendwelche Holme o.ä. einzufädeln. Die längere Seite dieser rechteckigen Blechplatte ist so bemessen, daß Schweißnähte entlang dieser Kanten bei üblichen Karosserieblechstärken über eine ausreichende Festigkeit verfügen, um die Gurtkräfte aufzunehmen. Das gilt freilich nur für die Schweißnähte. Ob das Blechteil, an das man die Mutter anschweißt, seinerseits stabil genug ist, muß man sich selbst überlegen.
Gruß,
Clemens