Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Technische Fragen und Antworten, Tipps und Tricks für Profis und Bastler. Hier sind die "Fachleute" am Werk.
aviator
T2-Süchtiger
Beiträge: 582
Registriert: 21.05.2015 12:35
IG T2 Mitgliedsnummer: 778

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von aviator »

Wie viel größer wird denn das Ventilspiel maximal im Vergleich zum Spiel bei OT wenn Du die KW weiter drehst?

Wenn es z.B. 0,1mm sind würde ich das Ventilspiel statt im OT z.B. auf 0,15mm auf 0,10mm einstellen um dann auf max. 0,20mm am Punkt des größten Ventilspieles zu kommen. Damit machst Du sicher nichts kaputt und verschenkst auch nicht merklich Leistung oder erzeugst übermäßigen Lärm im Ventiltrieb.

Erst wenn der Unterschied größer wäre, würde ich anfangen mir Sorgen bzw. weiter Gedanken zu machen.

Regelmäßig kontrollieren, vor allem am Anfang.
Benutzeravatar
schrauberger
Wohnt im T2!
Beiträge: 1600
Registriert: 25.03.2013 18:27
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von schrauberger »

Hallo Marvin, 284 Grad NW. Ist das eine Nowak Welle?
Ich fahr so eine, die Nowak ist eine umgeschliffene 914 er GB Welle und hat 7,7mm Nockenhub was 9,5mm Ventilhub entspricht.
Das ist nicht wirklich wild und auch nicht übermäßig laut, bringt aber gut Drehmoment :D

Bei mir hat es 5 tkm gedauert bis der Ventiltrieb sich soweit eingelaufen hatte, daß das Ventilspiel stehen blieb.
Auch sahen nach 5 tkm die Stößel und NW-Flächen einwandfrei aus.

Nach den ersten paar mal einstellen hat der Motor gleich danach wieder laut geklappert, das gibt sich.


Stell wie beschrieben bei Zünd OT ein und vergiß das weitere Spiel auf dem Grundkreis.

Ralph
Schöne Grüße von der Baar

Biete in Originalqualität:
Reparaturbleche für Laderaumboden und
Typ4 Wärmetauscher.
Sämtliche BKV-Unterdruckleitungen und
Nachlaufleitungen für Bremsflüssigkeit.
Benutzeravatar
Steve
Wohnt im T2!
Beiträge: 1223
Registriert: 19.11.2011 19:20
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von Steve »

Hier geht einiges durcheinander...

Egal ob Motor mit Hydros oder Motor mit starren Stößeln, bei Zünd-OT sollte man sich auf dem Grundkreis befinden. Guckt euch mal ein Steuerzeitendiagramm an zum Verständnis.
produkte_nw_unterscheidung_large.jpg
Die Welle mit dem größeren Hub in dem angehängten Bild ist eine wirklich wilde Rennwelle die ganz weit weg ist von der im Motor des Verfassers. Selbst bei der gibt es noch über 50° Winkel zwischen Zünd OT und Beginn des Ventilhubs.
Der Verfasser schreibt eine 284° Nockenwelle verbaut zu haben, die Webcam 284° Welle hat z.B. eine Gesamtsteuerzeit von 284° und einen Lobecenter von 108 Grad. Das heißt Auslass öffnet bzw. Einlass schließt hat einen Abstand von 110 Grad von Zünd-OT. Dazu kommt noch die Anlauframpe, aber so lang ist die mit Sicherheit nicht :mrgreen: :mrgreen:
Dementsprechend ist es auch egal ob man beim einstellen des Ventilspiels exakt OT an der KW einstellt oder ein paar Grad daneben liegt.

Der Grund für das sich ändernde Ventilspiel rund um OT dürfte schlicht und ergreifend die Fertigungspräzision der verwendeten Welle sein. Wahrscheinlich ist der Grundkreis des Nockens nicht ganz konzentrisch zu den Lagern. Das ist mir bei Engle Wellen z.B. auch schon aufgefallen. Ist ein bisschen unschön, tut der Funktion aber keinen Abbruch.

Welche Welle ist denn nun verbaut? Engle Wellen sind z.B. bekannt für ihren lauten Ventiltrieb, das liegt an der Gestalt der Anlauframpe.
Benutzeravatar
GuentherKrass
T2-Süchtiger
Beiträge: 373
Registriert: 14.10.2009 09:40
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von GuentherKrass »

Hallo zusammen,

hier noch eine (in allen Punkten stark vereinfachte) Darstellung, warum das Ventilspiel bei Kurbelwellen-OT nicht unbedingt am größten sein muss:

Die Nockenwelle realisiert das Öffnen und Schließen der Ventile über ihre Nocken und man kann sich das "abgerollt" als Funktion des Kurbelwellenwinkels vorstellen: Die Amplitude ist der NW-Hub und diese verändert sich eben über den Kurbelwellenwinkel.

Kurbelwellen-OT ist der obere Umkehrpunkt des Kolbens, hier liegt die maximale mechanische Verdichtung an und hier sollten alle Ventile des Zylinders geschlossen sein, um kein Gemisch bzw. keine Verbrennungsgase entweichen zu lassen. Der Kurbelwellen-OT liefert also einen der "Fixpunkte" der Nockenwellen-Geometrie.

Einen anderen "Fixpunkt" bestimmt der Zeitpunkt, zu dem das entsprechende Ventil ganz geöffnet sein soll. Das hängt von ganz vielen Faktoren ab und ist für die Diskussion nicht weiter von Bedeutung.

Eine mögliche NW-Geometrie wäre z.B. ein einfacher Sinus-Verlauf. Das wäre aber sicherlich die langweiligste aller Möglichkeiten und lässt etwas entscheidendes außen vor, nämlich die zeitliche Komponente: Unsere Sinus-NW hat ihren stärksten Anstieg bzw. Abfall ja genau zwischen den Bergen und Tälern, hier ist also die Ventilgeschwindigkeit am größten. Diese Geschindigkeit nimmt zu den Höckern und Tälern ab um genau dort auf Null zu fallen. Damit wäre eine Sinus-NW sehr leise (Ventiltrieb-Geräusche entstehen u. A. genau dann, wenn die Ventile auf den Sitz schlagen, was hier minimal wäre, da Kurbelwellen-OT genau mit dem Tal/Tiefpunkt der NW zusammenfällt), aber auch sehr ineffizient, da der Querschnitt, durch den das Gemisch bzw. die Verbrennungsgase in bzw. aus dem Zylinderkopf angesaugt/gedrückt werden unnötig früh reduziert würde.

Interessantere NW-Geometrien ergeben sich durch Modifizieren der maximalen Amplitude (maximaler Hub) und der Ausformung der Übergänge, vor allem letzteres beeinflusst den Querschnitt entscheidend. Ein weiterer Parameter ist das Verschieben der Täler/Tiefpunkte hinsichtlich ihres Kurbelwellenwinkels (gleiches gilt natürlich auch für die Berge). Wenn man den Tiefpunkt etwas später und noch tiefer wählt, dann ist die Geschwindigkeit des Ventils beim Auftreffen auf den Ventilsitz nicht Null (Ventiltrieb wird lauter), aber gleichzeitig ist über die Zeit integriert der Querschnitt deutlich größer geworden (höhere Effizienz). Der „tiefere“ Tiefpunkt macht natürlich funktional keinen Unterschied (Ventil zu ist zu), ist aber oft einer einfacheren Fertigung geschuldet.

Die Ideal-NW wäre demnach eine Treppenfunktion mit "instantanen" Übergängen von offen nach geschlossen :-)

Was hat das Ganze jetzt mit dem Ventilspiel zu tun? Man will ja sicherstellen, dass am Kurbelwellen-OT zu allen Betriebstemperaturen alle Ventile auf den Ventilsitzen aufliegen (zum Abdichten und zum Abkühlen). Da sich die einzelnen Komponenten des Ventiltriebs mit zunehmender Temperatur längen (zumindest bei "normalen" Stösselstangen), stellt man den Worst-Case sicher: Bei maximaler nominaler Betriebstemperatur sollte am Kurbelwellen-OT gerade kein Ventilspiel anliegen, damit die NW nicht dieses zusätzliche Spiel überwinden muss. Das entspricht bei kaltem Motor den bekannten Größen, z.B. 0.15mm oder 0.2mm. Wenn jetzt eine sehr aggressive NW verbaut ist, deren Tiefpunkt deutlich nach/hinter dem Kurbelwellen-OT liegt, dann wird das Ventilspiel beim Weiterdrehen des Motors noch leicht größer werden, bevor der finale Tiefpunkt erreicht ist.

Ich hab jetzt mit keinem Wort den "Zündungs-OT" erwähnt, da er meines Erachtens hierfür keine Rolle spielt.

Ich stelle den OT für die Ventilspiel-Kontrolle über eine Gebläsekasten-Öffnung oben ein (haben glaube ich nur manche Baujahre?), da sieht man drei Markierungen (10, 7.5 und 0 Grad v. OT) auf der Riemenscheibe und kann genauer den OT finden, als vorne am Gebläserad...

Leichte Zeit
Timo
Benutzeravatar
Sgt. Pepper
*
*
Beiträge: 4295
Registriert: 10.03.2005 20:41
IG T2 Mitgliedsnummer: 834

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von Sgt. Pepper »

GuentherKrass hat geschrieben: 08.12.2020 09:10
Ich stelle den OT für die Ventilspiel-Kontrolle über eine Gebläsekasten-Öffnung oben ein (haben glaube ich nur manche Baujahre?), da sieht man drei Markierungen (10, 7.5 und 0 Grad v. OT) auf der Riemenscheibe und kann genauer den OT finden, als vorne am Gebläserad...
Ich glaube das ist dann der Gebläsekasten vom Typ4 bzw. Porsche 914. Vieleicht hatten auch die ganz frühen 1,7l dieses Gehäuse.
Und du verwendest dann die 0° Position für den OT?

Finde meinen Ventiltrieb mit 296er Schleicher auch recht laut, das hat sich aber über die Zeit auch deutlich verbessert.

Grüße,
Stephan
Bild
Bild
Benutzeravatar
GuentherKrass
T2-Süchtiger
Beiträge: 373
Registriert: 14.10.2009 09:40
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von GuentherKrass »

Sgt. Pepper hat geschrieben: 08.12.2020 09:27 Und du verwendest dann die 0° Position für den OT
Genau. Aber ich lasse mich auch gerne davon überzeugen, dass das nicht optimal ist :-)
Benutzeravatar
GuentherKrass
T2-Süchtiger
Beiträge: 373
Registriert: 14.10.2009 09:40
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von GuentherKrass »

Steve hat geschrieben: 08.12.2020 08:53 Der Grund für das sich ändernde Ventilspiel rund um OT dürfte schlicht und ergreifend die Fertigungspräzision der verwendeten Welle sein. Wahrscheinlich ist der Grundkreis des Nockens nicht ganz konzentrisch zu den Lagern.
Ah Mist, den Post habe ich übersehen, das zusammen mit dem NW-Diagramm erklärt für mich alles :-)
Benutzeravatar
Wolfgang T2b *354
Wohnt im T2!
Beiträge: 2568
Registriert: 27.04.2004 11:00
IG T2 Mitgliedsnummer: 354
Kontaktdaten:

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

... darf ich mal eine unqualifizierte Bemerkung von der Seitenlinie einwerfen?

Ich käme nie auf die Idee, mich bei meinem Motor mit der Nockenform oder der Lage des Grundkreises zu beschäftigen, aber ich lese hier mit großem Genuss mit, wenn profunde Kenner der Materie so ein komplexes Thema sauber sezieren. Das hat wirklich Niveau und unterscheidet sich wohltuend von vielen anderen Foren, wo die persönlich Meinung zuweilen fundiertes Wissen ersetzt. Danke Euch Fachleuten. Weiter so!

Jetzt setze ich mich wieder auf die Tribüne und lausche.

Wolfgang, der zwar mal bei VW gelernt hat, aber damals im Werk hat man keine Motorenfachleute ausgebildet, sondern Maschinenbauer. VW baut ja Autos und repariert sie nicht.
Benutzeravatar
bullijochen
Wohnt im T2!
Beiträge: 2159
Registriert: 04.07.2010 15:49
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von bullijochen »

Wolfgang T2b *354 hat geschrieben: 08.12.2020 17:00 ... darf ich mal eine unqualifizierte Bemerkung von der Seitenlinie einwerfen?

Ich käme nie auf die Idee, mich bei meinem Motor mit der Nockenform oder der Lage des Grundkreises zu beschäftigen, aber ich lese hier mit großem Genuss mit, wenn profunde Kenner der Materie so ein komplexes Thema sauber sezieren. Das hat wirklich Niveau und unterscheidet sich wohltuend von vielen anderen Foren, wo die persönlich Meinung zuweilen fundiertes Wissen ersetzt. Danke Euch Fachleuten. Weiter so!

Jetzt setze ich mich wieder auf die Tribüne und lausche.

Wolfgang, der zwar mal bei VW gelernt hat, aber damals im Werk hat man keine Motorenfachleute ausgebildet, sondern Maschinenbauer. VW baut ja Autos und repariert sie nicht.
Hallo Wolfgang
ich kann dich beruhigen ich hab das auto sogar studiert. Aber wie man eine Nockenwelle am Besten auslegt wurde dort auch nicht behandelt. Das lernt man wohl erst wenn man einen Motor mal aufbaut und versucht dem ordentlich Leistung bzw. Drehmoment zu verpassen.. :mrgreen:
Ich lese und lerne....
Gruß Jochen :bier:

Bild
Benutzeravatar
GuentherKrass
T2-Süchtiger
Beiträge: 373
Registriert: 14.10.2009 09:40
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: Ventilspiel einstellen mit schärferer Nockenwelle Typ4

Beitrag von GuentherKrass »

Ohje, da muss ich mich jetzt „outen“: Ich hab selber noch keine NW ausgelegt oder gar viel „hands-on“ Erfahrungen im Motorenbau. Ich hab aber beruflich mal an Simulations-Software im Kontext von Motorsteuergeräten entwickelt. Und da wird einem schnell bewusst, dass das eigentlich simple 4-Takt-Prinzip durch die ganzen dynamischen Vorgänge, Druckverhältnisse und Verbrennungsgeschwindigkeiten super-komplex ist.
Wenn ich mir die Kennlinien, die Steve gepostet hat, anschaue, dann wäre selbst die extreme NW noch einigermaßen „normal“ im Vergleich zu den Parametrierungen, die ich mal gesehen habe. Das ist wohl den Vergasern und der nicht aufgeladenen Luft geschuldet (aber hier endet mein Wissen).
Damit sind die aktiven Steuerzeiten so weit weg von OT, dass man eigentlich weit um OT herum bei EV und AV im „Tal“ (Großkreis) liegen und konstantes Ventilspiel anliegen sollte. Abweichungen würde ich mir auch mit Fertigungstoleranzen erklären.

Trotzdem sollten wir zu einem Konsens kommen, bei welchem OT denn das Ventilspiel eingestellt gehört :-) Ich stimme für 0 Grad Kurbelwelle für #1 bzw. #3 und 180Grad für #2 bzw. #4, je nachdem wo man sich in der Zündfolge befindet.

Andere Meinungen? Bin gespannt, denn vielleicht bietet sich mir hier Optimierungspotential ;-)

Leichte Zeit
Timo
Antworten