Radlagerkunde

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B.C.
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Re: Radlagerkunde

Beitrag von B.C. »

Das Thema Abstandshülsen hat mich auch schon interessiert, als ich vor ein paar Jahren die Lager gewechselt habe.
Warum der Wechsel des Durchmessers im RLF, was hat VW damit bezweckt?
Warum generell der Hinweis auf diese Ersatzteile im RLF, wenn es nur um den Lagerwechsel geht?
Clemens sagte es ja schon, eigendlich dürfte mit den Hülsen ja nix passieren? Ich hatte sie nicht gewechselt...
Oder verschleissen die, wenn die Lager kaputt sind, wie Jan es vermutet?
Generell ist mir das Prinzip der Lagerung hinsichtlich der Vorspannung :?: (das Drehmoment von der 46er "Mutti" ist ja nicht ganz unerheblich)
in Verbindung mit den Abstandshülsen und der Tatsache, das nur ein Lager axial aufnehmen kann, nicht sooo richtig klar :oops:
Warum dieses hohe Drehmoment, wenn nur das innere ein Rillenkugellager ist, das Seitenkräfte übertragen kann?
Das Rillenkugellager sitzt doch nur im Gehäuse und ist nach innen nur mit einem Sprengring gesichert.
Wie werden die Seitenkräfte aufgenommen? Wie wird das Axialspiel eingestellt, wenn das äußere Lager axial nicht belastbar ist?
Ich stehe da auf dem "Schlauch" :dogeyes:

Björn
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boggsermodoa
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Re: Radlagerkunde

Beitrag von boggsermodoa »

B.C. hat geschrieben: Warum dieses hohe Drehmoment, wenn nur das innere ein Rillenkugellager ist, das Seitenkräfte übertragen kann?
Das Rillenkugellager sitzt doch nur im Gehäuse und ist nach innen nur mit einem Sprengring gesichert.
Wie werden die Seitenkräfte aufgenommen? Wie wird das Axialspiel eingestellt, wenn das äußere Lager axial nicht belastbar ist?
Ich stehe da auf dem "Schlauch" :dogeyes:

Björn
Hallo Björn,

zunächst muß man sich wohl mal klarmachen, daß mit der Achsmutter nur die Nabe(bzw. Bremstrommel bei Modelljahr vor '70) und die Innenringe der Lager samt Distanzhülse auf dem Achsstummel zusammengespannt werden. Das hohe Anzugsdrehmoment dient wohl v.a. dazu, einen wirklichen Kraftschluß an der Nabe herzustellen. Die hat auf der Vielkeilverzahnung des Achsstummels unvermeidbar Spiel. Deswegen würde sie sich auf Dauer in den Vielkeil einarbeiten und verschleißen, wenn man sie nicht mit der angeknallten Mutter daran hindern würde. Das Axialspiel wird nicht eingestellt, sondern ist bereits im Rillenkugellager bei dessen Herstellung fix vorhanden. Das ist also klassischer Maschinenbau mit einer Festlager-Loslager-Anordnung, im Gegensatz zur Vorderachse, wo du zwei Kegelrollenlager spielarm einstellst. Die Seitenkräfte (in beide Richtungen) werden dabei alleine vom Rillenkugellager aufgenommen. Das ist dafür gemacht und kann das. Das Rollenlager trägt nur radial. Und der Sicherungsring neben den Lagern ist wirklich nur ein Sicherungsring und nicht dafür gedacht und gemacht, die Seitenkräfte des Rillenlagers aufzunehmen. Dessen Außenring muß vielmehr fest genug in seinem Lagersitz (Preßpassung) halten.
Was mit den Hülsen los war, bzw. warum VW die geändert hat, darüber kann ich auch nur spekulieren. Möglicherweise waren die 42er gelegentlich zu schwach und dünnwandig und haben sich unter der Kraft der Achsmutter deformiert. Deswegen hat man sie dann verstärkt. Und die Anweisung, im Schadenfalle immer beide auszuwechseln, könnte man ja auch so verstehen, daß bei Schäden an einer Hülse immer beide zu ersetzen sind, nämlich gegen die neue, verstärkte Ausführung. Denn so 'ne gestauchte Hülse deutet darauf hin, daß das Auto besonders hart rangenommen wird, und deswegen wird die andere wohl auch bald fällig sein.

Gruß,

Clemens
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B.C.
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Re: Radlagerkunde

Beitrag von B.C. »

Hallo Clemens,

vielen Dank für Deine Antwort :D
Okay, dann ist mir das hohe Dehmoment klar. Ich hatte nicht an Verzahnung gedacht.
Ansonsten beschreibst Du die Lagerung genau so, wie ich das begriffen hatte, aber nicht glauben wollte (das ich richtig damit richtig liege) :!:
Der Sicherungsring ist nur ein Anschlag für die Position und alles "hängt" an der Preßpassung des Rillenlagers :shock:
Dat hällt :?: Natürlich, bin kein Maschienenbauer, daher die Frage :steine:
Ich kann mich leider nicht mehr erinnern, wie stramm das Lager damals rein ging... Wie stramm (Einpressdruck) sollte das sitzen?
Ich habe jedenfalls das Gefühl, das sich in stramm gefahrenen Kurven da was tut und Spiel drinn ist.
Habe dann (in engen Kurven) auch ein minimales Schleifgeräusch. Ich denke, dann liegen die Beläge an der Trommel an o.ä.?
Was meine Vermutung bestätigen würde, das da Spiel ist.
Welche Prüfmethode schlägst Du vor?

Muß ich mal loswerden: Super, das wir Dich hier haben :!: :!: :!:

Björn
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boggsermodoa
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Re: Radlagerkunde

Beitrag von boggsermodoa »

B.C. hat geschrieben: Der Sicherungsring ist nur ein Anschlag für die Position und alles "hängt" an der Preßpassung des Rillenlagers :shock:
Dat hällt :?: Natürlich, bin kein Maschienenbauer, daher die Frage :steine:
Na, so kann man's auch nicht sagen. Letztlich ist es schon der Ring, der das Lager hält - oder besser - der Ring kann 'ne Menge ab, und kein Konstrukteur verläßt sich nur auf die Passung, da die eben toleranzbehaftet ist, also mal strammer, mal etwas lockerer ausfällt.
Ich kann mich leider nicht mehr erinnern, wie stramm das Lager damals rein ging... Wie stramm (Einpressdruck) sollte das sitzen?
Weiß ich nicht, glaube mich aber an einen ziemlich dicken Hammer zu erinnern, den ich damals verwendet habe. :wink:
Grundsätzlich ist es bei der Hinterradlagerung des VWs so, daß am Außenring des Lagers Punktlast und am Innenring eine (mit der Raddrehzahl) umlaufende Last wirkt. Bei umlaufender Last tendieren die Lager dazu, in ihrem Sitz zu wandern. Deswegen muß man sie da ordentlich festhalten - und das ist ja hier auch gegeben. Die übliche Passung für den Innenring ist (bei massiver Welle) ansonsten H7/m6, also eine Übergangspassung / Treibsitz, so wie etwa bei Paßstiften. Die realen Maßtoleranzen der Lagerringe sind meist besser als H7, nämlich H6 oder H5, bzw. h6 oder h5 für den Außenring. (Bei metrischen Wälzlagern ist der Außendurchmesser immer im System Einheitswelle und der Innenring im System Einheitsbohrung toleriert. D.h. die jeweiligen Nennmaße sind innen wie außen jeweils das Größtmaß und das Toleranzfeld liegt im Minus.) Die Passung außen festzulegen erfordert umfangreiche Berechnungen und hängt von der Last, der Betriebstemperatur, der Dicke des Gehäuses und noch ungefähr 27 anderen Dingen ab. Letztlich stellt man mit dieser Passung auch das axiale Spiel des Lagers ein, da der Außenring dadurch ja auch geschrumpft wird. Deswegen gibt's da keine pi x Daumen-Regel.
Ich habe jedenfalls das Gefühl, das sich in stramm gefahrenen Kurven da was tut und Spiel drinn ist.
Habe dann (in engen Kurven) auch ein minimales Schleifgeräusch. Ich denke, dann liegen die Beläge an der Trommel an o.ä.?
Was meine Vermutung bestätigen würde, das da Spiel ist.
Welche Prüfmethode schlägst Du vor?
Ich würde einfach das Rad hochheben und dran wackeln. Wenn da (natürlich bei geöffneter Handbremse) kein Spiel fühlbar ist, dann ist alles in Ordnung. Du darfst dir weder die Radaufhängung noch sonst irgend ein Bauteil am Auto als wirklich starr und unverformbar vorstellen. Bei strammer Kurvenfahrt bewegt, biegt und verwindet sich da alles, wenn auch nur in kleinen Maßstäben. So werden sich sowohl der Achsstummel, als auch die Bremstrommel, als auch die Felge elastisch verformen und dabei kann es durchaus passieren, daß z.B. die Trommel irgendwo Kontakt mit dem Ankerblech bzw. am Rand der Trommel festgebackener Bremsenabrieb Kontakt mit festgebackenem Schmutz am Ankerblech bekommt. Und das gibt Schleifgeräusche und - wenn man die Trommel mal abnimmt - auch sichtbare Schleifspuren.
Muß ich mal loswerden: Super, das wir Dich hier haben :!: :!: :!:

Danke schön! :oops: :wink:
Ich müßte ja lügen, wenn ich nicht zugeben würde, daß mir solche gelegentlichen Bartpinseleien nicht auch ganz gut gefallen würden, aaaber ...
... sie sind mir irgendwo auch unangenehm!
Ich bin nur einer von Vielen.
Und das Forum, das sind wir alle. Sicher tauchen da ab und an auch Gestalten aus dem Off auf, schnorren sich die benötigten Informationen zusammen, um dann wieder grußlos zu verschwinden. Was soll's? So ist nun mal das Internet. Aber in der "Kernmannschaft", da tut jeder sein Bestes, eben jeder nach seinen Möglichkeiten - und das alles zusammen, das wird dann 'ne runde Sache, eben unser Forum, in dem du die abstrusesten Dinge zum Bulli fragen kannst, seien sie technischer oder sonstiger Natur, und immer aus irgend einer Ecke eine qualifizierte Antwort kommt. Auch bei Themen, von denen ich persönlich keinen Schimmer habe. Ich habe nur ein kleines, eingeschränktes Spektrum, das ich bedienen kann. Diese Rundumversorgung, die entsteht erst aus der Menge, in der nämlich jeder einzelne irgend ein anderes Spezialgebiet hat und sich keiner zu schade ist, dieses Wissen weiterzugeben oder einfach nur in den entsprechenden Unterforen für Gaudi und gute Stimmung zu sorgen. So macht's Spaß und denen gebührt genauso Anerkennung. Besonders bemerkenswert finde ich diejenigen, die, nachdem sie ihren Bus restauriert und uns allen Löcher ins Hemd gefragt haben, dabei bleiben und nun mit ihrem Wissen anderen zur Verfügung stehen. Da haben wir mittlerweile 'ne ganze Reihe von Leuten, und das was die zu erzählen haben, ist oft viel besser als alles, was ich zu dem jeweiligen Thema beitragen könnte, weil die dieses been there, done that - Erlebnis gerade erst hinter sich und noch frisch vor Augen haben.

In diesem Sinne!

:argue: :knuddel: :bier:


Clemens
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B.C.
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Re: Radlagerkunde

Beitrag von B.C. »

Hallo Clemens,

danke für die weiteren Informationen! Das Thema ist damit endlich klar für mich.
Ich werde mal nachsehen, ob das Rillenlager noch in der richtigen Position sitzt und vorher das Spiel prüfen, wie Du es gesagt hast.

Ich teile auch Deine Meinung bzgl. des Forums. Wir haben hier mittlerweile eine tolle "Truppe" am Start.
Zusammen eine wahnsinnige Kompetenz!
Trotzdem darf man die Leistungen Einzelner auch mal hervorheben :D

Björn
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