elektronische Reifendruck-Überwachung

Technische Fragen und Antworten, Tipps und Tricks für Profis und Bastler. Hier sind die "Fachleute" am Werk.
Benutzeravatar
Wolfgang T2b *354
Wohnt im T2!
Beiträge: 2583
Registriert: 27.04.2004 11:00
IG T2 Mitgliedsnummer: 354
Kontaktdaten:

Re: elektronische Reifendruck-Überwachung

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo Clemens,
boggsermodoa hat geschrieben:Wenn der Fühler wirklich so befestigt ist, daß man ihn nicht einfach abdrehen kann (ich sehe allerdings nur 'ne Alu-Rändelmutter), dann fliegt er auch nicht weg.
Unter dem Ventil sitzt offensichtlich noch ein kleines Teil, mit dem das Ventil am Verdrehen gehindert wird. Ist auf den Fotos nicht zu erkennen. Ob das wirklich stabil ist, weiß ich allerdings auch nicht.
boggsermodoa hat geschrieben:Du hättest dann einen schlagartigen Druckverlust, der sich bestimmt nicht wie ein normaler Plattfuß anfühlt und der dich mit der schweren Karre auch bei Afrika-Tempo blitzartig in ernsthafte Schwierigkeiten bringen könnte.
Jau, das sehe ich auch so. Wir hatten einige richtige Reifenplatzer mit aufgerissener Flanke, das muss ich nicht öfter erleben. Ich bin allerdings auch nicht sicher, was bei einer Krafteinwirkung als erstes nachgibt: der Sensor oder der Ventilschaft. Ich neige im Augenblick eher dazu, dass das Plastikdings den Kürzeren zieht. Dann wäre das Problem nur ein monetäres.
boggsermodoa hat geschrieben:Es geht mir jetzt nicht darum, partout Recht zu behalten.
Na, das war jetzt aber überflüssig, oder? Hier geht es ja gerade um die unterschiedlichen Sichten :dafür:.
boggsermodoa hat geschrieben:Wenn, dann entscheide dich lieber für die gescheite Lösung von Hella (im Tiefbett ist genug Platz für den Reifenwechsel) oder warte, bis vielleicht eine Lösung angeboten wird, die den Sensor im Ventilstock unterhalb des Ventils anordnet. Da sähe ich kein Problem, außer daß man nicht mal eben schnell beim Montieren eines Ersatzrades den Sensor weiterreichen könnte.
Hella würde ich ja glatt nehmen, auch würde mich der Preis nicht sonderlich schrecken, doch die setzen Schlauchlosreifen voraus. Hamma aber nich :oops:. Denn unsere Felgen sind nicht mehr der wahre Jakob (weil sich schon die Werkzeuge zahlreicher Mechaniker auf den Anlageflächen verewigt haben und neue kaum aufzutreiben sind) und zudem geht Luftablassen im Sand dann nur noch sehr eingeschränkt. Deshalb wird das mit dem Hella-System nichts. Leider, denn das ist sicher die bessere Lösung. Andererseits bräuchten wir auch doppelt so viele Sensoren.

Ideal wäre tatsächlich ein Sensor im Ventil, doch da hat Google nichts ausgespuckt. Möglicherweise ist dabei die Batterie das Problem. Vielleicht geht es eines Tages mit RFID.

Ich werd' mich mal weiter umhören.

Gute Nacht

Wolfgang
Benutzeravatar
Wolfgang T2b *354
Wohnt im T2!
Beiträge: 2583
Registriert: 27.04.2004 11:00
IG T2 Mitgliedsnummer: 354
Kontaktdaten:

Re: elektronische Reifendruck-Überwachung

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo,

ich hatte vor einem halben Jahr mal gefragt, was Ihr von den elektronischen Reifendrucküberwachungssystemen haltet. Damals wussten wir alle nicht so recht, was wir davon halten sollten. Der Tenor war: klingt ja theoretisch ganz nett, ist aber auch nicht ohne Risiko.

Dann fand ich zufällig spät in der Nacht eine bald auslaufende ebay-Auktion mit zwei neuen Überwachungssystemen, die offensichtlich keiner haben wollte. Und was soll ich sagen: 3-2-1 meins. 30 Euro pro System für vier Räder. Da war zumindest das finanzielle Risiko keines mehr.

In den letzten vier Jahren haben wir in Afrika insgesamt vier gute Reifen durch Flankenbruch verloren, weil ich bei einem Platten im Gelände nicht schnell genug reagiert habe. Zum Teil nagelneue Reifen. Allein das waren schon 300 Euro. Ich brauchte etwas, um schneller auf Plattfüße reagieren zu können.

Also, probieren geht über studieren. Ich hab das Spielzeug in Kenia eingebaut und wir haben es 9000 km quer durch Ost- und Südafrika getestet, davon knapp 1000 im Gelände. Und trotz aller Bedenken, die ich vorher hatte: wir werden nicht mehr ohne fahren!

Ob ich sie in Europa dranmachen würde, weiß ich nicht, da hat man ja kaum Plattfüße. Aber allen Freunden einer artgerechten Haltung würde ich sie inzwischen empfehlen. Es haben sich eine ganze Menge angenehme Nebeneffekte ergeben, an die wir vorher überhaupt nicht gedacht haben.

Nur zur Erinnerung: das System besteht aus vier Funk-Sensoren, die auf die Ventile geschraubt werden, sowie einer Zentraleinheit, die bei abnormalen Werten Krawall macht. Eigentlich hätten wir die Sensoren lieber im Felgenbett gehabt, doch das geht nicht, da wir Schlauchreifen fahren müssen.

Ich hab' im Folgenden mal alles zusammengeschrieben, was mir zu dem Thema in den Kopf gekommen ist:

1. Ein Sender wiegt 12 Gramm, produziert also keine wesentliche Unwucht am Reifen (jedenfalls nicht bei meinen Geschwindigkeiten :wink: ). Man kann es ja beim Auswuchten kompensieren.
2. Die Sender schlafen ein, wenn das Fahrzeug steht. Deshalb halten die Batterien vermutlich auch ziemlich lange, jedenfalls länger als 9000 km.
3. Die Funkübertragung funktioniert einwandfrei. Die Zentrale lag bei uns immer im Handschuhkasten und hat sich bemerkbar gemacht, wenn etwas nicht stimmte.
4. Die Druckanzeige ist nicht genau, da scheint es ziemliche Fertigungstoleranzen zu geben. Doch die Korrekturwerte sind einigermaßen stabil, dann passt es wieder. Es kommt ja auch nicht auf die Nachkommastelle an, die Dinger sollen ja nur warnen, wenn ’was aus dem Ruder läuft.
5. Die Temperaturanzeige ist ziemlich genau, aber auch ziemlich nutzlos. Sie zeigt ein Mittelding zwischen Außen- und Reifentemperatur an. Aber man kann an ihr zweifelsfrei ablesen, ob die Sonne von rechts oder von links scheint. Ok, man könnte auch einfach aus dem Fenster schauen. Immerhin wissen wir jetzt, dass der Reifendruck im Stand allein durch die Sonnenwärme um fast 1 bar ansteigen kann :shock: .
6. Die Befestigung der Sender am Ventil ist eigentlich ganz vernünftig, auch die Diebstahlsicherung funktioniert (welcher Dieb hat schon einen 2,5 mm Inbusschlüssel in der Tasche?). Doch da werde ich noch etwas ändern, die Inbus-Lösung ist ziemlich fummelig. Natürlich halten die Dinger einem ernsthaften Angriff nicht stand, sind aber nach dem gewaltsamen Abbauen wohl auch hinüber. Zudem macht das nur Sinn, wenn der Dieb sowohl die Sender als auch die Zentraleinheit mitnimmt. Eins ist aber klar, gegen Vandalismus sind sie nicht gefeit.
7. Die Sender sind schlamm- und regendicht (wg. eingelegtem O-Ring) und auch Wellblechpiste haben sie klaglos weggesteckt. Enge Passagen durch Büsche und Gestrüpp hatten wir dieses Jahr nur selten, doch die Abreißgefahr schätze ich nicht sehr hoch ein, denn die Sensoren sind von unten angeschrägt, so dass sich da kaum etwas verhaken dürfte.
8. Ich hab’ zweimal vergessen, den Sender abzubauen, als ich den Reifen zum Reparieren brachte. Doch der Mechaniker hat’s gemerkt. Also besser vorher dran denken, ehe ein Grobmotoriker sich des Teiles annimmt. Der Abbau dauert nur ein paar Sekunden.
9. Wir hatten dieses Mal sechs kaputte Reifen, davon einen auf Asphalt und einen im Stand, der Rest auf Piste. Die Elektronik hat jedes Mal rechtzeitig Alarm geschlagen, so dass keiner der Reifen wirklich platt gefahren worden ist. Wir haben Reifen mit Lastindex 106, die haben ziemlich steife Flanken und nehmen Plattfüße verdammt übel. Anstatt 70 Euro für einen neuen Reifen hat’s jeweils nur 1 Euro für’s Flicken gekostet.
10. Normalerweise reicht mir als Reifendruckkontrolle unterwegs ein leichter Tritt gegen den Reifen oder ein schräger Blick auf die Flanke und ab und zu bin ich mit dem Messgerät rumgegangen. Jetzt kümmere ich mich deutlich häufiger um den Reifendruck, weil’s mit einem Blick erledigt ist.
11. Ein äußerst angenehmer Nebeneffekt ist, dass die Dinger ja nicht erst beim Plattfuß Laut geben, sondern schon beim Unter- oder Überschreiten von einstellbaren Warnschwellen. Wir haben die Grenzwerte auf 1,6 und 3,8 bar bzw. 60°C festgelegt. Wenn’s Alarm gibt, hat man meistens noch genügend Zeit, ein günstiges Plätzchen zu finden. Nicht auf einer Bergkuppe, nicht im Kreisverkehr, nicht im Löwenrudel, nicht nachts im Tunnel oder wo auch immer man auf keinen Fall den Reifen wechseln möchte. Das ist im Nachhinein wohl der wichtigste Vorteil für uns. Insbesondere in den Nationalparks wollten wir beim Reifenwechsel immer einen freien Blick haben, um vor den Jungs mit den langen Zähnen sicher zu sein.
12. Einmal mussten wir durch ein Dornenfeld fahren. Elefanten hatten die Bäume gekillt und der Boden war gespickt mit langen Dornen. Wir haben zwar hinterher sorgfältig die Reifen abgetastet, doch die Reste steckten tief im Gummi. Auf den folgenden Kilometern hätten wir früher ständig den Hals aus dem Fenster gehängt, um nach dem Zustand der Reifen zu sehen. Diesmal haben wir statt dessen die Landschaft genossen und die Arbeit der Elektronik überlassen. Wir hatten am Ende der Reise tatsächlich fünf von sechs Platten an den Vorderhufen, Spätfolgen der Dornen. Normalerweise haben wir hinten doppelt so viele Pannen wie vorn.
13. Als mich mal ein Tankwart fragte, ob Öl, Wasser und Reifendruck in Ordnung seien (ja, da unten wird man servicemäßig noch richtig verwöhnt), habe ich ihn erst über die Luftkühlung aufgeklärt, dann über das Alter des Autos und zu guter Letzt habe ich ihm die Reifendruckanzeige hingehalten. Er hat den Mund gar nicht wieder zu bekommen. „And that’s Volkswagen?” Na klar, was denn sonst!

Uff, das war jetzt aber verdammt viel Text. Ich habe fertig.

Mein Resümee: es ist tatsächlich ein nettes Spielzeug, nicht wirklich wichtig, schon gar nicht in Europa, aber in unserem Fall extrem angenehm. Und es hat sich nach dem ersten Einsatz schon dick bezahlt gemacht.

Schöne Grüße

Wolfgang
Benutzeravatar
Harald
Wohnt im T2!
Beiträge: 6548
Registriert: 10.06.2003 10:18

Re: elektronische Reifendruck-Überwachung

Beitrag von Harald »

Hallo Wolfgang!
Wolfgang T2b *354 hat geschrieben:Ob ich sie in Europa dranmachen würde, weiß ich nicht, da hat man ja kaum Plattfüße.
Eben deswegen stehen die Teiile bei mir nicht ganz oben auf der Liste. Vielleicht könntest Du noch mitteilen, für welches Produkt Du Dich entschieden hast.

Nur Eines: ich lese Deine Berichte außerordentlich gerne! Und das hier ist schon wieder sowas von genial. Woher soll meiner Einer wissen, daß es Dornen gibt, die Reifen kaputt machen oder daß man durchaus ne stattliche Anzahl Reifen kaputt fahren kann oder daß es Örtlichkeiten gibt, die man zum Wechseln meiden sollte - naja, abgesehen von Überholspuren auf Autobahnen oder mitten auf Kreuzungen von Ausfallstraßen.

Schon Dein Text zu ner Reifenüberwachung ist ´n toller Reisebericht!

Grüße,
Harald
Bild
Benutzeravatar
Wolfgang T2b *354
Wohnt im T2!
Beiträge: 2583
Registriert: 27.04.2004 11:00
IG T2 Mitgliedsnummer: 354
Kontaktdaten:

Re: elektronische Reifendruck-Überwachung

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Harald hat geschrieben:Vielleicht könntest Du noch mitteilen, für welches Produkt Du Dich entschieden hast.

Nur Eines: ich lese Deine Berichte außerordentlich gerne! Und das hier ist schon wieder sowas von genial. Woher soll meiner Einer wissen, daß es Dornen gibt, die Reifen kaputt machen oder daß man durchaus ne stattliche Anzahl Reifen kaputt fahren kann oder daß es Örtlichkeiten gibt, die man zum Wechseln meiden sollte - naja, abgesehen von Überholspuren auf Autobahnen oder mitten auf Kreuzungen von Ausfallstraßen.
Hallo Harald,

danke für die Blümchen :oops:.

Wir haben ein System gekauft, was unter dem Namen TPMS häufiger im Netz auftaucht (tyre presure monitoring system).

Dass Dornen Stahlgürtelreifen perforieren, hätte ich nie geglaubt, aber die Mistdinger können unglaublich spitz und hart sein.

Schöne Grüße

Wolfgang
Benutzeravatar
westfaliafan
T2-Süchtiger
Beiträge: 747
Registriert: 01.01.2008 19:45
IG T2 Mitgliedsnummer: 0

Re: elektronische Reifendruck-Überwachung

Beitrag von westfaliafan »

Hallo Wolfgang,

Super und vielen Dank für die Rückmeldung, es geht nichts über einen Test bei Extrembedingungen :thumb:
Ich lese deine Berichte auch sehr gerne!!!

Grüße, Andreas
Busfahren macht Spaß
Bild


Bild
Antworten