MichaB hat geschrieben:Hallo zuammen.
Also ich hab ein Problem hiermit.
Das größere Problem bei Bugradträgern sind nicht die Gewaltbrüche, sondern die Dauerbrüche,
also Anregungen über lange Zeit mit niedrigeren Kräften. Zum Beispiel durch Schlaglöcher oder Wellblech.
Grundsätzlich sehe ich das ein, aber damit diese Stösse Wirkung zeigen würde ich Voraussetzen das eines
der verwendeten Bauteile lose im Sinne von nicht Fest verbunden ist.
Hallo Micha,
diesen Ersatzradträger könntest du ohne Weiteres mit drei 6er Fischerdübeln an die Garagenwand spaxen, das Rad dran schrauben und bedenkenlos ein Kleinkind drunter spielen lassen. Das ist keine Frage. Statisch ist das alles voll im grünen Bereich. Wir sind nun aber nun mal hier nicht im Baugewerbe, sondern beim Fahrzeugbau und da sind die Dinge etwas komplexer, geht's um Dauerfestigkeit, Wöhlerkurven etc.
Du hast eine Masse (Ersatzrad), die mit einigem Abstand zur tragenden Struktur frei hin und her schwingen kann und die auch permanent zu solchen Schwingungen angeregt wird. Diese Schwingungen bedeuten immer auch schwingende Belastungen im Träger selbst und an seinen Befestigungspunkten. Ohne mich jetzt hier in allzuviel Fachchinesisch zu verlieren kann ich nur klipp und klar sagen, daß für solche Belastungen die Bauteile deutlich anders dimensioniert werden müssen, als wenn sie nur eine statische Last aufnehmen müssen. Eine Schraubverbindung hält z.B. nur deswegen, weil die gespannte Schraube elastisch um ein sehr kleines Maß gedehnt wird. Wenn du nun ein Loch durch's Frontblech bohrst, da anschließend eine Schraube durch 3mm Flacheisen (Ersatzradträger), 0,7mm Karosserieblech und weitere 3mm Flacheisen (rückseitige Verstärkung, T-Stück) durchsteckst, dann hast du ganze 6,7mm Dehnlänge am Schraubenschaft. Wenn du beim Bohren des Frontbleches etwas Grat nach innen gezogen hast und diesen Grat beim Anziehen der Schraube zwischen den beiden Flacheisen einklemmst, dann hast du bei statischer Last deswegen kein Problem. Bei dynamischer Last wird jedoch das eingeklemmte Material zu fließen beginnen, die Schraubverbindung setzt sich um ein paar Hundertstel Millimeter und damit ist die komplette Schraubenspannung weg. Schraube locker --> Ersatzrad fällt ab. Das ist nur mal ein ganz kleines und eigentlich unbedeutendes Randproblem, das den grundsätzlichen Unterschied zwischen statischer und dynamischer Belastung aufzeigen soll. Die wirklichen Probleme betreffen vielmehr den Halter selbst, bei dem z.B. die Flacheisen an den Abkröpfungen ständig hin und her gebogen werden könnten, weswegen es dort dann irgendwann zu Materialermüdungen und Rissen kommen könnte, aber auch die Schrauben und selbstverständlich auch das Karosserieblech, denn das ist ja dort letztlich nur "Tapete" und in keiner Weise dafür gedacht und gestaltet, irgendwelche Lasten aufzunehmen.
Nehmen wir mal an, wir wollten die Front nicht durchlöchern und biegen uns deswegen ein U-förmiges Rohr mit etwa 30mm Durchmesser und einer Schenkelweite, die etwas schmaler als der Durchmesser der Felgenschüssel ist. Dieses U stellen wir überkopf auf die Stoßstange und verschrauben es dort. In der Felgenschüssel biegen wir den üblichen Flacheisen-Kladdaradatsch, um Befestigungspunkte für die Radschrauben zu schaffen. Jetzt fehlt nur noch eine Abstützung nach oben in den Lüftungskasten. Und weil wir das Rad schön eng an die Karosserie bringen wollen, nehmen wir dafür kein Rohr, sondern biegen uns irgendwas abenteuerliches aus Flacheisen. Das ist dann natürlich wieder weich und biegsam - und damit ist schon wieder alles Mist! Von der Seite betrachtet hat man nur zwei weit auseinander liegende Stützpunkte, nämlich gaaanz unten an der Stoßstange und gaaanz oben am Lüftungsgitter. Die Masse liegt dazwischen - und wenn die nun vor und zurück schwingt, dann werden die damit verbundenen Kräfte in und gegen die Fahrtrichtung
vektoriell in die Richtungen übersetzt, in der die Träger laufen und die Befestigungspunkte sitzen. Da können ganz überraschende Beträge dabei rauskommen, je nachdem, wie der Träger gestaltet ist. Jetzt ist gerade so die Zeit, in der sich die Staren sammeln, um nach Süden zu fliegen. Das machten die früher, als es das noch gab, gerne auf 'ner Stromleitung und dabei haben sie auch schon mal den ein oder anderen Kurzschluß verursacht. (Das nur als Beispiel dafür, was unter vektorieller Addition zu verstehen ist.)
Das Flacheisen scheidet also aus. Es muß ein Rohr her! Das läßt sich aber nicht mehr zwischen Rad und Karosserie durchfädeln. Deswegen ist das kleine, enge U gestorben und es muß ein großes U her, das so ungefähr dem Reifendurchmesser nahe kommt. Da wird's dann wieder kritisch mit dem Fußgängerschutz, aber das könnte eine darstellbare Lösung ergeben.
Wie auch immer: Solch ein Ersatzradhalter muß schon ein wenig "engineered" sein und ist nix, was man so nebenbei erledigt. Und mit "Ersatzrad an die Garagenwand spaxen" ist das alles wirklich nicht vergleichbar.
Gruß,
Clemens