Wie funktioniert die Ventil/Kipp-hebelschmierung?

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Andi
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Wie funktioniert die Ventil/Kipp-hebelschmierung?

Beitrag von Andi »

Guten Abend,

der Bulli ist raus aus dem Winterquartier und ich machte mich heute frohen Mutes an die Ventile und Zündung.

Nach getaner Arbeit war das Ergebnis mehr als zufrieden stellend:

- Ventile alle zu eng!
- Zündung total vor OT irgendwo bei 20 lag wohl der statische Wert (daher auch das fantastische Anlassverhalten mit extra viel Benzingepumpe)
- Kontaktspalt im Verteiler viiieeeel zu eng

Bulli startet wieder einfach so, nimmt optimal Gas an, klappert jetzt ein wenig (AP - Hydro 0,2 Sicherheitsabstand)

Jetzt zum Desaster:

Ich fahre so gemütlich 8 km zum Stahlgruber, gehe rein denk mit nix. Auf einmal ein Herr gehobenen Alters total aufgeregt: "wem gehört der "ALTE"" VW Bus? Der verliert extrem viel Öl". Bei mir machte sich natürlich innere Panik breit und sofort raus -> kleine Öllache!

Sofort weggeputzt, Bescheid gegeben und ab nach Hause (Ölstand war noch unkritisch). Zu hause angekommen hab ich wohl 8km lang, eine Tropfspur hinterlassen.

Es war wohl die alte Ventildeckeldichtung, denn nachdem ich diese gewendet hatte und nochmals 2x8km gedüst bin, war der Motor trocken!


Jetzt zu meiner eigentlichen Frage:

Wenn man den Ventildeckel abnimmt, steht da ja kaum Öl drin. Der Raum scheint mir eher benebelt zu sein.

- Wie kann ich so viel Öl verlieren, dass ich nach 8km, innerhalb von 20 Sekunden eine Lache von ca 10 cm Durchmesser verursache?

- Wie kann ich weiterhin so viel Öl verlieren, dass ich auf den 8km Heimfahrt eine Tropfspur lege (alle 2m ein Tropfen)

- Und wieso hat sich der Ölstand trotzdem nicht stark verringert? :-D


Und wie funktioniert diese Kipphebelbenebelung?




Grüße
Andi
Gruß
Andreas
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david*265
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Re: Wie funktioniert die Ventil/Kipp-hebelschmierung?

Beitrag von david*265 »

Hallo Andi,
bei der Öllache am Ende der Fahrt würde ich eher auf einen defekten Kurbelwellen-Simmerring tippen. So war's bei mir. Während der Fahrt schleudert die sich drehende Kurbelwelle das Öl rechtzeitig fort, so dass nichts heraus tropft. Beim Abstellen des Motors läuft das Öl, welches in die Ölwanne zurückläuft, durch den Simmerring hindurch ins Freie.
Kontrolle: Nach dem Abstellen des Motors schnell drunter schauen. Wenn der Ölstrahl mittig zwíschen Motor und Kupplungsglocke herunterläuft, ist es eindeutig. Mein Bus hat dabei einige (doppelte) Schnapsgläser verloren.

Grüße
David
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boggsermodoa
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Re: Wie funktioniert die Ventil/Kipp-hebelschmierung?

Beitrag von boggsermodoa »

Andi hat geschrieben:Und wie funktioniert diese Kipphebelbenebelung?
Das ist keine Beneblung sondern eine "amtliche", vollwertige Druckschmierung mit Eispeisung in den Lagerspalt. Für den Transport des Öles dahin hat sich der berühmte Dr.hc. was wirklich Überzwerches ausgedacht, das ich so von keinem anderen Motor kenne: Kanäle im Block speisen das Öl zunächst in die Stößel ein. Von dort geht's über eine mittige Bohrung in der Pfanne über Bohrungen in den Kugelendstücken der Stoßstangen (vulgo: "Stößelstangen") in die Pfanne des Kipphebels und von dort über einen Kanal ins Gleitlager auf der Kipphebelachse (vulgo:"Kipphebelwelle"). Die Stoßstangen dienen also als Ölleitungen. Der Rücktransport geschieht über die Schutzrohre zurück in den Block.
Das Geniale daran ist - mal abgesehen von der Tatsache, daß es überhaupt funktioniert - daß man so weitgehend thermisch isoliert durch den warmen Kopf hindurchkommt und das Öl vergleichweise kühl an der Lagerstelle angelangt. Das ist ein ziemlicher Nachteil bei Konstruktionen, welche stattdessen die Stehbolzenbohrungen als Passage verwenden, zumal die meist einen üppigen Querschnitt besitzen, was in einer langsamen Transportgeschwindigkeit resultiert, verbunden mit entsprechender Aufheizung des Öls. So war's z.B. bei den gleitgelagerten BMW-Zweiventil-Boxern - und die Gleitlager der Kipphebel waren anfangs quasi immer kaputt, wenn man danach geguckt hat. Deshalb wurden gleich bei der ersten Überarbeitung (Wechsel von /5 auf /6-Generation 1973) die Kipphebel auf Nadelllagerung umgestellt. Und die Alternative dazu wären separate, externe Ölleitungen, die eben aufwendig, teuer und verletzbar sind. Der 2CV macht's so, aber da geht's ja auch nur um zwei Ventile pro Kopf. Deshalb ist es vergleichsweise einfach, den Volumenstrom dort gerecht aufzuteilen. Beim VW hat jeder Kipphebel seinen eigenen Speisekanal. Nachteil der VW-Konstruktion ist freilich, daß sich die Ölfüllung der Stoßstangen zur Ventiltriebsmasse hinzuaddiert und deshalb nix für hohe Drehzahlen ist.

Gruß,

Clemens
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bigbug
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Re: Wie funktioniert die Ventil/Kipp-hebelschmierung?

Beitrag von bigbug »

boggsermodoa hat geschrieben: Von dort geht's über eine mittige Bohrung in der Pfanne über Bohrungen in den Kugelendstücken der Stoßstangen (vulgo: "Stößelstangen") in die Pfanne des Kipphebels und von dort über einen Kanal ins Gleitlager auf der Kipphebelachse (vulgo:"Kipphebelwelle"). Die Stoßstangen dienen also als Ölleitungen. Der Rücktransport geschieht über die Schutzrohre zurück in den Block.

Falls ich das noch richtig auf dem Plan habe, hatte der 24,5 PS-Käfermotor noch n Holzstückchen IM Stößelrohr, das irgendwie zusätzlich ne Pumpwirkung generieren soll.
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Andi
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Re: Wie funktioniert die Ventil/Kipp-hebelschmierung?

Beitrag von Andi »

Geil und Danke Clemens!


Das erklärt auch, warum es da schön Suppen kann...
Gruß
Andreas
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T2Bulli
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Re: Wie funktioniert die Ventil/Kipp-hebelschmierung?

Beitrag von T2Bulli »

Neben undichten Ventildeckeldichtungen, die man ruhig nach dem Einstellen der Ventile wechseln kann, können auch die Dichtungen der Stößelschutzrohre undicht sein. Oder die Zeit und der Rost haben ein kleines Loch in einem Stößelschutzrohr verursacht. Das kommt wohl eher selten vor, war bei mir jedoch dieses Frühjahr der Anlass zu einem Ölfleck.

Viele Grüße, Basti
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Fichel
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Re: Wie funktioniert die Ventil/Kipp-hebelschmierung?

Beitrag von Fichel »

T2Bulli hat geschrieben:Neben undichten Ventildeckeldichtungen, die man ruhig nach dem Einstellen der Ventile wechseln kann, können auch die Dichtungen der Stößelschutzrohre undicht sein. Oder die Zeit und der Rost haben ein kleines Loch in einem Stößelschutzrohr verursacht. Das kommt wohl eher selten vor, war bei mir jedoch dieses Frühjahr der Anlass zu einem Ölfleck.

Viele Grüße, Basti
Hallo,
bei mir waren es nicht die Dichtungen, sondern Das Stößelschutzrohr selbst! Nagelneu eingebaut und an zweien tropfte es raus. Also aufs Luftleitblech und dann auf den Boden. Hab gute, alte gebrauchte eingebaut und alles ist dicht. Die Qualität der neuen Dinger ist nicht mehr die Beste... :dagegen:

Gruß,
Thorsten
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Andi
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Re: Wie funktioniert die Ventil/Kipp-hebelschmierung?

Beitrag von Andi »

Hier jetzt alles super nachdem ich neue Dichtungen rein hab. Trocken wie im Hochsommer!
Gruß
Andreas
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