Seil oder Band, das ist hier die Frage.

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boggsermodoa
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von boggsermodoa »

Wolfgang T2b *354 hat geschrieben:Ich entnehme Euren Beiträgen, dass es wenig Positives zu Kunststoffseilen gibt.
Ein anständiges geflochtenes Kunststoffseil (bin mir nicht sicher, welcher Kunststoff) hat mir immer genügt - und es nimmt auch nicht viel Platz weg, wenn du es einfach vorne an der Abschleppöse eingehängt läßt und um den Deformationskörper aufwickelst. Bei mir/uns war der häufigste Anwendungsfall, daß zum Rausziehen auch nix Potenteres als eben bloß ein anderer VW-Bus zur Verfügung stand. Wenn man dann mehrere hauptberufliche Abschleppseile hintereinander hängt, addiert sich zuviel Elastizität, das Zugfahrzeug wird sanft gebremst und der Bumms, der Ruck, der vielleicht notwendig wäre, um das feststeckende Fahrzeug aus dem Loch zu ziehen, geht dabei verloren. Wir haben deshalb nach Möglichkeit zur Verlängerung Stahlseil verwendet, aber dieses eine Abschleppseil in der Kette belassen.

Von der Räubermethode, das Seil um die Antriebswelle zu wickeln, würde ich Abstand nehmen. Ich sehe da nicht nur die Antriebswellen, sondern auch das Getriebegehäuse und die Aggregataufhängungen in Gefahr. Irgendwann haut's dir da sicher den Schalthebel durch den Aschenbecher und Motor samt Getriebe liegen 5m hinter dem Auto! :P

Was sich bei uns mit zwei VWs als Kraftverstärker bewährt hat, ist ein langes Seil am feststeckenden Auto und irgendwo an einem festen Gegenstand (z.B. einem Baum) zu befestigen und mit dem freien Auto mittig quer zur Seilrichtung zu ziehen. So hast du über die vektorielle Zerlegung ordentlich "Zing" auf dem Seil, brauchst evtl. gar kein zweites Auto, sondern nur ein paar kräftige Leute.

o-----------------V----------------o (hoschd mi?)

Meist kam dieser Trick freilich zum Einsatz, wenn's das ziehende Fahrzeug nicht gepackt hat. Dann war das Seil schön stramm und vier Kerle konnten da schon was bewirken.

Gruß,

Clemens
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Wolfgang T2b *354
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo Rolf-Stephan,

merci vielmals für den Link. Da habe ich eine ganze Menge Wissenswertes gefunden. Zum einen, dass Wasser die Knotenfestigkeit um 25 % verringert (unser gerissenes Seil war weitgehend unter Wasser) und zum zweiten, dass der Knoten die Festigkeit durchaus auf die Hälfte reduzieren kann. Kein Wunder also, dass es das Seil gefetzt hat. Und alt und UV-geschädigt war es sicher auch noch.

Ich habe in dem Artikel auch gelesen, dass Bänder nicht geknotet werden dürfen, sondern nur vernäht :shock:. Wenn ich also 2 x 20 m kaufe, dann kann ich die beiden Stücke gar nicht zusammen benutzen, denn ein Schäkel in der Mitte schließt sich aus (das Geschoss möchte ich nicht um die die Ohren bekommen).

Ich habe mal ein bisschen rumrecherchiert, u.a. in den einschlägigen Geländewagen-Foren. Dort sind die "richtigen" Bergegurte ja fast ein Art Religion und das Rausschleppen scheint die wichtigste Urlaubsbeschäftigung zu sein. Dort diskutieren sie sogar über Bänder mit 100% Gebrauchsdehnung.

So kompliziert wollte ich es mir eigentlich garnicht machen, doch je mehr ich über das Thema erfahre, desto mehr habe ich den Eindruck, dass es immer komplizierter wird. Mal sehen, wie ich das Thema wieder erde.

Schöne Grüße

Wolfgang
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Rolf-Stephan Badura
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von Rolf-Stephan Badura »

Hallo Wolfgang,
Wolfgang T2b *354 hat geschrieben:denn ein Schäkel in der Mitte schließt sich aus (das Geschoss möchte ich nicht um die die Ohren bekommen).
Softschäkel (engl.: Soft Shackle), wie ich im ersten Beitrag schrieb.
Wenn Du ganz sicher gehen willst, verleg an den kritischen Stellen noch ein weiters Seil, das den Riss dann auffängt.
(Hier in dem Video haben sie das wohl so gemacht: https://www.youtube.com/watch?v=33zqgXdoBSA)

Und über die Mitte des Seils noch ein oder zwei Tücher (gibt es professionell, oder man bastelt sich etwas) als Art Fallschirmbremse,
wenn es auf einer der beiden Seiten sich losreißt. (Manche Abschleppseile haben so ein Fähnchen ab Werk aus diesem Grund).

Die Metalschäkel würde ich auch nicht an fremden PKW Abschleppösen verwenden,
Du weißt nicht wie viel die aushalten - die sind nur für Abschleppen auf Straßen gedacht - reißen sie auf, ist Artilleriegefecht angesagt.

Hat Deine Abschleppöse am Bulli bisher eigentlich immer gehalten? Meine sieht stabil verschweißt aus... aber so recht traue ich ihr nicht...

Grüße,
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Wolfgang T2b *354
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo Clemens,

long time no hear! Deinen Beitrag habe ich glatt übersehen :oops:.

Die Idee, einfach wieder ein Kunststoffseil zu kaufen, war auch meine erste. Dann habe ich bei der Spedition, wo wir unseren Container stehen haben, mit den Leuten gesprochen, die die Fahrzeuge bergen müssen (afrikanische Trucker legen gern mal ihren Laster aufs Kreuz). Bei denen kommen nur noch Gurte zum Einsatz, auch zur Ladungssicherung. In den ärmlicheren Gegenden sieht man dagegen häufig noch die klassischen Stahlseile an den Lkws hängen. Deshalb dachte ich mir, Gurte wären die zeitgemäßere Variante.

Wir haben unser langes Seil oben auf dem Dach in der Reserveradschüssel liegen (brauchen wir ja nur sehr selten), denn vorn ums Defo-Element wäre es mir wegen UV nicht angenehm. Außerdem hat es da so ‘was Martialisches. Ich find‘ ja die Sandbleche auf dem Dach schon unschön.
boggsermodoa hat geschrieben:Wir haben deshalb nach Möglichkeit zur Verlängerung Stahlseil verwendet, aber dieses eine Abschleppseil in der Kette belassen.
Über die Kombination aus relativ unelastischem Stahlseil und elastischem Gurtband denke ich auch gerade nach. Das Problem eines Gurtbandes ist ja, dass es bei großer Länge auch sehr viele Meter Elastizität hat. Da ist ein kürzeres Band mit einem längeren Stahlseil nicht die schlechteste Lösung. Auf diese Weise könnte man ja die Gesamtelastizität der Kette variieren.

Die Idee mit der Kräftezerlegung à la Kniehebel ist nicht schlecht. Mir fallen auf Anhieb ein paar Situationen ein, wo wir das hätten probieren können. Sinnvoll ist dann aber ein möglichst starres Seil, weil das Übersetzungsverhältnis der Kräfte ja ganz am Anfang am größten ist. Ich werd‘ das im Hinterkopf behalten.

@Rolf-Stephan

Ich weiß nicht warum, aber den Softschäkeln würde ich aus dem Bauch heraus nicht wirklich über den Weg trauen (was wahrscheinlich Unsinn ist). Ich frage mich auch, warum man keine Stahlschäkel nimmt, wenn man sowohl eine Sicherung dran hat und zudem mit der Seilkausche ohnehin eine Stahleinlage am Seil hat. Ok, ist ein Verkaufsfilm.

Der Film zeigt auch, dass man Gurte mit Schlaufen an den Enden ohne weiteres miteinander verbinden kann. Ich dachte, das fällt unter die Kategorie Knoten und würde die Festigkeit deutlich reduzieren. Wieder wat jelernt.

So ein Sicherungsseil ist eine gute Idee, wenn man ahnt, wo es reißen wird (und wenn man genügend Seile hat). Nach dem, was ich jetzt alles gelernt habe, traue ich mir diese Vorhersage sogar zu. Werde ich ebenfalls im Hinterkopf behalten.
Rolf-Stephan Badura hat geschrieben:Hat Deine Abschleppöse am Bulli bisher eigentlich immer gehalten? Meine sieht stabil verschweißt aus... aber so recht traue ich ihr nicht...
An unseren Haken sind noch keine Schäden festzustellen (nur an der Motorklappe :oops:). Ich habe auch schon überlegt, an der linken Seite vorn noch einen zweiten Haken anschweißen zu lassen, um die Kräfte besser zu verteilen und um mehr Optionen zu haben, wenn es mal nur einseitig geht.

Ein Tuch in der Nähe der möglichen Rissstelle klingt sehr vernünftig und macht nicht viel Aufwand. Ich habe den Eindruck, dass zwischen dem Augenblick des Risses und dem geräuschvollen Einschlag des Seiles auf unserer Motorklappe ein oder zwei Zehntel Sekunden vergangen sind, das Seil also mit mehreren hundert Stundenkilometern angesaust kam. Da könnte ein wenig Luftwiderstand durchaus etwas bewirken.

Bisher bin ich an das Thema Bergen oder Abschleppen ziemlich hemdsärmelig herangegangen, halt afrikanisch. Jetzt begreife ich allmählich, dass da viel mehr dahinter steckt. „Seil dran, ruck und raus“ ist zwar ok, aber nicht immer der Weisheit letzter Schluss.

Ich bleib dran.

Schöne Grüße

Wolfgang
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Polle
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von Polle »

Denk bitte daran. Egal für welches Mittel du dich entscheidest, halte einen Sicherheitsradius ein. Keine Personen zwischen den Autos und im Umkreis gleich der Länge des Seils. Daß ein reißendes Seil Schmackes hat, durftest du bzw. deine Motorklappe ja schon erfahren. Aber lass den Aufprallkörper mal aus Fleisch und Blut sein. Das kann ganz fix ganz fies werden. Und in der Pampa hat nicht so schnell n Doktor, der mit den möglichen Verletzungen umzugehen weis.
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Wolfgang T2b *354
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo Polle,
Polle hat geschrieben:Denk bitte daran. Egal für welches Mittel du dich entscheidest, halte einen Sicherheitsradius ein. Keine Personen zwischen den Autos und im Umkreis gleich der Länge des Seils.
Jau, da habe ich gehörigen Respekt. Und der Anschauungsunterricht auf meiner Motorklappe hat ein Übriges dazu beigetragen.

Schöne Grüße

Wolfgang
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von boggsermodoa »

Wolfgang T2b *354 hat geschrieben:Und der Anschauungsunterricht auf meiner Motorklappe hat ein Übriges dazu beigetragen.
Ich habe den Anschauungsunterricht dazu bei einer Industriemontage (Semesterferienjob) erhalten, bei der eine ganze Anstaltspackung Greifzüge und zwei Doppel-T-Träger zum Einsatz kamen, um ein sehr großes Objekt in der Ebene zu bewegen. Dabei ist ein Seil gerissen (der Abscherstift am Greifzug war freilich manipuliert) und hat einem Arbeiter den Unterschenkel gebrochen.
Wolfgang T2b *354 hat geschrieben: vorn ums Defo-Element wäre es mir wegen UV nicht angenehm. Außerdem hat es da so ‘was Martialisches. Ich find‘ ja die Sandbleche auf dem Dach schon unschön.
Stimmt schon. Das ist nix für immer. Je nach Verlegung ist das Seil dort beim Aufsetzen auch gefährdet. Wir haben das meist im Sand so gemacht, wenn sich alle halbe Stunde ein anderer irgendwo festhampelt. Dann spart's schon Zeit und Generve.

Gruß,

Clemens
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Wolfgang T2b *354
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Hallo Clemens,
boggsermodoa hat geschrieben:Wir haben das meist im Sand so gemacht, wenn sich alle halbe Stunde ein anderer irgendwo festhampelt. Dann spart's schon Zeit und Generve.
Stimmt, so hatten wir es auch eine zeitlang, allerdings nicht wegen anderer Autos, sondern weil wir uns selber immer wieder festgestrampelt haben :oops:.

Cheerio

Wolfgang
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boggsermodoa
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von boggsermodoa »

boggsermodoa hat geschrieben: wenn sich alle halbe Stunde ein anderer irgendwo festhampelt.
Wir waren mit zwei Autos unterwegs und "alle halbe Stunde ein anderer" meint natürlich, daß sich jeder von uns beiden mit schöner Regelmäßigkeit irgendwo eingebuddelt hat. Ich erinnere mich an eine Situation, da sind wir in die offene Wüste rausgefahren, mein Kumpel voraus mit einem einheimischen Führer an Bord, um eine Nomandenfamilie zu (be-)suchen, die da draußen irgendwo lagern sollte. Ich kurve also voller Gottvertrauen hinter seinem Bus her, als der plötzlich ohne für mich erkennbaren Grund nach links einen Dünenhang hochfährt bis fast an die Umkippgrenze und dann wieder zurück in die Talsohle kullert. Ich sah absolut keinen Grund, dieses Manöver nachzufahren, dachte, die hätten da vorn irgendeinen Blödsinn gemacht und blieb auf meinem Kurs geradeaus. 10m weiter fühlte es sich an, als hätten alle vier Räder gleichzeitig platt und das Auto steckte bis zum Bodenblech im Sand. Das war ein Weichsandfeld, für mich nicht erkennbar, für ihn nicht erkennbar, bloß Hamid, der Guide hatte es im letzten Moment gesehen und meinen Kumpel gewarnt. War 'ne halbe Stunde Schufterei, bis ich da wieder raus war. :roll:

(Seil ums Defo-Element, das war übrigens seine Methode. Mein '69er Modell hatte sowas garnicht.)
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Wolfgang T2b *354
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Re: Seil oder Band, das ist hier die Frage.

Beitrag von Wolfgang T2b *354 »

Marokko oder Algerien?

Da würde ich auch gern mal wieder hin. Seufz.
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